Bönnscher Treff des General-Anzeigers Auch ohne viel Geld lässt's sich feiern

Bonn · Die Diskussion beim ersten Bönnschen Treff des General-Anzeigers dreht sich um Kommerz im Karneval. Der Mainzer Fastnachtsexperte Günter Schenk kritisiert die zunehmende Kommerzialisierung.

Expertenrunde in Sachen Karneval: Mirko I., Patty I., GA-Redakteur Holger Willcke, Buchautor Günter Schenk, Festausschuss-Präsidentin Marlies Stockhorst, GOP-Direktorin Julia Feirer und Senats-Präsident Jürgen Bester.

Expertenrunde in Sachen Karneval: Mirko I., Patty I., GA-Redakteur Holger Willcke, Buchautor Günter Schenk, Festausschuss-Präsidentin Marlies Stockhorst, GOP-Direktorin Julia Feirer und Senats-Präsident Jürgen Bester.

Foto: Barbara Frommann

„Karneval sollte nicht benutzt werden, um damit Geld zu verdienen.“ Der Mainzer Fastnachtsexperte und Buchautor Günter Schenk sprach am Dienstagabend beim ersten „Bönnschen Treff“ des General-Anzeigers klare Worte. 40 Besucher kamen ins Haus des Karnevals in Tannenbusch, um beim Thema „Karneval zwischen Tradition und Kommerz“ auch ein Wörtchen mitzureden.

Der Geldkreislauf sei seit Ewigkeiten derselbe: „Der Bürger feiert mit und leistet einen entsprechenden Obulus“, sagte Marlies Stockhorst, Präsidentin des Festausschusses Bonner Karneval (FA). Sie plädierte deshalb dafür, in der eigenen Stadt unterwegs zu sein. Der FA-Haushalt betrage 650 000 Euro im Jahr. „Von der Stadt Bonn bekommen wir drei bis fünf Prozent der Summe“, erläuterte sie, so dass man zur Finanzierung des Session Festabzeichen, Mottoschals und Werbung verkaufe.

„Die Kassen der Stadt sind leer“, ergänzte Jürgen Bester, Präsident des Großen Senats des Festausschusses, zu dem 40 Unternehmensvertreter gehören. Mit ihren Finanzspritzen fördern sie den bönnschen Fastelovend.

Jecken wollen das persönliche Erlebnis

Westfälin Julia Feirer, Direktorin der GOP Varieté Bonn, habe zuerst nicht erkannt, was Karneval in dieser Stadt bedeutet – es dann aber schnell gelernt. „Ich habe wirklich große Freude daran“, sagte sie. Die Künstler und Mitarbeiter des GOP gehen erstmals beim Rosenmontagszug mit. Günter Schenk, Kulturpreisträger des Bunds Deutscher Karneval, ist davon überzeugt, dass die Herzen der Narren berührt werden müssen: „Es ist ein Aberglaube, dass man mit mehr Geld mehr erreichen kann. Der Narr tickt anders. Der will ein persönliches Erleben, einen persönlichen Austausch haben.“

Er ärgerte sich, dass die großen Züge mittlerweile – den Zeitplan der TV-Anstalten im Nacken – durch die Städte hecheln. Für die Sitzungen empfahl Schenk, die Handys unbedingt aus- und sich aufs Feiern einzulassen. Schenk erteilte den kommerziellen Veranstaltern eine klare Absage. Feirer sagte zu, in ihrem Haus keinen Karneval aufzuführen: „Das hat im Varieté nichts zu suchen.“

„Die wir verloren haben, sollten wir wiedergewinnen. Unsere Jugend“, meinte ein Besucher. „Es ist schwierig, die in dem Alter zu erreichen“, sagte Mirko I., riet aber zum Durchhalten.

Junge Leute sollen wieder begeistert werden

„Man darf nichts reinpressen“, entgegnete Martin Holzhausen. „Wir sind nicht mehr für Fritz Schopps und Jupp Menth zu begeistern“, meinte der 25-Jährige zum Verhältnis seiner Generation zu Büttenrednern. „Die wollen nicht mehr organisiert sein“, hat Schenk bei den jungen Leute beobachtet, die später durchaus zu den Vereinen zurückkämen. Bonna Patty I. (Burgunder) war sich sicher, dass bald auch die Beueler Wieverfastelovendsitzungen wieder voller werden. Ein Lessenich/Messdorfer ärgerte sich, dass er bei den Bonner Stadtsoldaten in der Beethovenhalle Anzug statt Kostüm tragen soll. „Der Karneval ist facettenreich“, sagte Kommandant Ralf Wolanski. Deshalb habe auch eine solche Veranstaltung ihre Berechtigung.

Eine Liebeserklärung an den bönnschen Karneval machten voller Inbrunst die Urgesteine Peter Brust und Hans Föhmer. Wie schafft man nun den Spagat zwischen Alt und Jung, zwischen organisierten und individuellem Feiern, zwischen Ehrenamt und Kommerz? Ein Teil der Antwort, so das Fazit von Moderator und GA-Redakteur Holger Willcke, mag sein: Jeder Jeck ist anders. Und „Hauptsache, alle haben gemeinsam Spaß“, fügte Patty I. hinzu.

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