Anne-Sophie Mutter in Bonn Auch eine Königin

Anne-Sophie Mutter und ihr Klavierpartner Lambert Orkis zeigen sich in der Beethovenhalle von ihrer lyrischen Seite

 Blumen für das Geburtstagskind: Anne-Sophie Mutter und Lambert Orkis nach ihrem Konzert in der Beethovenhalle.

Blumen für das Geburtstagskind: Anne-Sophie Mutter und Lambert Orkis nach ihrem Konzert in der Beethovenhalle.

Foto: Barbara Frommann

Beim Hofknicks müsse Anne-Sophie Mutter noch ein wenig üben, befand die "Welt" in der vergangenen Woche, als die Geigerin im Berliner Schloss Bellevue der britischen Queen Elizabeth II ihre Ehrerbietung erwies. Die Musikerin zählte zu den 135 Gästen, die zum Staatsbankett für die britische Königin ins Berliner Schloss Bellevue geladen waren. In Bonn, wo sie Montagabend in der Beethovenhalle zu einem Galakonzert gastierte, war sie nun selbst wieder Königin, in blauem, schulterfreiem Abendkleid. Nur, dass man sie nicht mit Hofknicks feierte, sondern sich am Ende des Konzertes zum Applaus von den Sitzen erhob.

Anne-Sophie Mutter war mit Lambert Orkis, der sie seit 27 Jahren bei ihren Duoabenden am Klavier begleitet, in die Beethoven-stadt gekommen und spielte ein Programm, das bestens geeignet schien, die lyrische Seite der Musikerin zum Klingen zu bringen. Von den drei Violin-Sonaten von Johannes Brahms hatte sie die Nr. 1 in A-Dur ausgewählt, die der Komponist einst "in Erwartung einer lieben Freundin" - der Sängerin Hermine Spies nämlich - schrieb. Die Musik erzählt von blühenden Frühlingsblumen, wie es in dem verborgenen Motto heißt, was in Anne-Sophie Mutters berückend schönem Geigenton wunderbar zum Ausdruck kam.

Sie entlockt ihrer Geige feinste Nuancen, bringt sie zum Singen, lädt Töne und Phrasen emotional mit kräftigem Vibrato auf oder lässt sie auch mal ganz leise und fahl klingen. Und weil diese Phrasen selbst im Pianissimo noch eine bemerkenswerte Präsenz besitzen, kommen sie hoch emotional herüber. Aus Beethovens mit zehn Sonaten überaus reichen Schatz für die Instrumentenkombination spielten Mutter und Orkis die letzte in G-Dur op. 96, die erklärtermaßen ihr Favorit ist. Schon der der sanfte, mottohafte Beginn ist pure Lyrik. In dem ganzen ersten Satz entfaltete sich ein ganz zauberhafter Dialog zwischen den Partnern Mutter und Orkis. Lambert Orkis, der immer etwas im Schatten der großen Geigerin steht, spielte klanglich überaus subtil, griff Impulse auf, gab selbst welche oder ließ den Klang des Flügels mit dem der Geige wunderbar verschmelzen.

Überaus selten zu hören ist die Violinsonate in h-Moll des Italieners Ottorino Respighi, die bei Anne-Sophie Mutter freilich bestens aufgehoben ist. Sie besitzt die musikalische Intelligenz und Leidenschaft, um die in der österreichisch-deutschen romantischen Tradition komponierte Sonate zu einem blühenden Strauß aus Tönen und Melodien werden zu lassen. Ihr Spiel nimmt sofort gefangen für das Werk, weil sie die Grundstimmung mit dem ersten Bogenstrich erfasst. Wie sie den rhythmisch raffiniert vertrackten ersten Satz souverän in den Griff bekommt, zeugt von höchster Interpretationskunst. Überhaupt war ihr Spiel ein Plädoyer für Respighi, dessen enormen Einfallsreichtum man hier Ton für Ton bewundern und nachvollziehen konnte.

Das entfesselte Virtuosentum hatte Anne-Sophie Mutter für den Schluss aufgehoben - Maurice Ravels "Tzigane" mit dem langen, herrlich rhapsodischen Solo zu Beginn, das sie unter Hochspannung setzte. Die vertrackten Pizzicati, Flageolett-Klänge und die artistischen Bogenkunststücke sind eh kein Problem für die Perfektionistin. Das Publikum in der sehr gut besuchten Beethovenhalle war äußerst angetan. Und erhielt von Anne-Sophie Mutter, die am Montag übrigens 52 Jahre alt geworden ist, einen ganzen Strauß Zugaben geschenkt: Die Melodie op. 42,3 von Tschaikowsky, Arthur Benjamins fetzige Jamaican Rumba (bei dem Lambert Orkis am Klavier regelrecht groovte) und schließlich Brahms' erster ungarischer Tanz.

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