Römerstraße in Bonn Archäologen stoßen auf 500 Jahre alte Straße

BONN · Unter der Römerstraße befinden sich jede Menge Relikte aus alten Zeiten. Archäologen stießen nun auf eine Straße aus dem Mittelalter. Doch die Händler dort haben ganz andere Sorgen.

Die Baustelle in der Römerstraße ist wie ein Überraschungsei. Zumindest für die Archäologen. Auch wenn es natürlich nahe liegt, im Stadtteil Bonn-Castell im Erdreich auf Relikte des alten Römerlagers zu stoßen.

Doch ganz so alt ist der aktuelle Fund nicht: Derzeit kratzt das Team der Kölner Fundort GmbH eine Straße aus dem 16. Jahrhundert frei. Das ist für die Forschung interessant, führt aber zu einer längeren Bauzeit.

„Vor einigen Tagen haben wir schon mal eine Vogeltränke gefunden“, sagt Fundort-Geschäftsführerin Rut Wirtz. Die Vorgehensweise sei immer gleich. Stück für Stück werden kleine Löcher ausgeschachtet, in die zunächst die Archäologen klettern. „Das ist wie eine Ausgrabung, nur auf kleinem Raum“, sagt Wirtz.

Gräber oder Mauern werden fotografiert und vermessen und kommen in eine Dokumentation, um sie der Nachwelt virtuell erhalten zu können. Die Originale dürfen dann mit Genehmigung des Amts für Denkmalpflege zerstört werden. Bewegliche Funde, vielleicht eine Vase, werden geborgen, gereinigt, datiert und dann in Listen erfasst. Erst danach werden die Kanalrohre verlegt.

Bis heute orientieren sich laut Wirtz die Straßenverläufe an der Via principalis, die das Lager, das auf das Jahr 43 nach Christus zurückgeht, längs durchquert. Im Süden stoßen die Archäologen schon in einem Meter Tiefe auf Relikte, weiter im Norden der heutigen Römerstraße befinden sie sich etwas tiefer.

Die nun gefundene Straße aus dem 16. Jahrhundert besteht aus festgestampftem Kiesel und Bruchstein. Man kann es sich so vorstellen, dass über die Jahrhunderte in Schichten Straße auf Straße gebaut wurden.

Die Geschäftsleute beschäftigt im Moment aber ganz anderes: Normalerweise würde der Zulieferer für das Elektro-Fachgeschäft Elgema an der Römerstraße seinen Lastwagen in eine Einfahrt manövrieren. Das geht zur Zeit nicht: Eine Baugrube versperrt die Zufahrt. Also parkt er davor auf der Straße. „Wir haben richtige Umsatzeinbußen“, sagt Mitarbeiter Markus Dreßen. Das ging so weit, dass man über einen Anwalt eine Mietminderung beim Hauseigentümer durchgesetzt habe.

Die Kunden können derzeit nicht hinter dem Geschäft parken, weshalb sie dann doch lieber in die Bornheimer Filiale fahren – oder gleich woanders einkaufen, in Elektro-Großmärkten etwa. „Das mit der Baustelle bedroht momentan Existenzen“, sagt Dreßen.

Er bietet den Kunden nun auch Beratung bei ihnen zu Hause an. Ihn stört auch, dass alles solange dauert. Die Arbeiter der Firma Sonntag trifft da keine Schuld. Die Ausgrabungen sorgen für Verzögerungen, die Stadt hofft aber noch, dass bis Mai 2017 alles fertig wird.

Von Umsatzeinbußen spricht man auch bei der Bäckerei Schell mit ihren zwei Filialen an der Römerstraße und in der Metzgerei Schintz. „Die Leute meiden die Straße inzwischen komplett“, sagt Melanie Schintz.

Dadurch blieben auch die Kunden aus. Sie und ihr Mann Stefan haben am Haus Risse festgestellt, die vor dem Baustellenbetrieb noch nicht da gewesen seien. Und die Tür gehe nicht mehr richtig zu. Sie führen das auf das schwere Gerät zurück, das die Arbeiter verwenden.

An der Aral-Tankstelle hat Inhaber Josef Assenmacher weniger Kunden bei der Autowäsche, beim Tanken und im Shop. Durch die Einbahnstraßenregelung fielen 60 Prozent der Kundschaft weg – die von der Autobahn kommenden Fahrer.

Die Anwohner sehen die Baustelle eher gelassen. „Es muss ja sein“, meint Rentnerin Marianne Meier. Lärm und Gestank seien noch im Rahmen. „Man soll nicht zu empfindlich sein.“ Es nütze nichts, sich aufzuregen, sagt Harald Koch.

„Wenn's mir zu laut wird, gehe ich mit meinem Buch an den Rhein.“ Ihn stören eher die Fahrradfahrer auf dem Bürgersteig. Das nervt auch zwei Bewohnerinnen der Römerstraße 63-65. „Die fahren einen fast um und werden dann auch noch frech.“ Das sollte mehr kontrolliert werden, findet Frank Breuer vom Modellbau-Geschäft. Er konnte bei der Stadt durchsetzen, dass das mal kontrolliert wird.

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