Viktoriakarree Am längeren Hebel

Meinung | Bonn · Tristesse als Taktik? Kann gut sein. Das Viktoriakarree trudelt in eine Abwärtsspirale; immer mehr Räume in den Gebäuden stehen leer, das verwaiste Viktoriabad gammelt seit Jahren vor sich hin.

Dass die Signa Holding als größter Immobilieneigentümer im Viertel die Mietverträge für das Café Kurzlebig und andere Nutzer offenbar nicht verlängern will, darf durchaus als Signal an Stadtverwaltung, Ratsfraktionen und die Bürgerinitiative Viva Viktoria verstanden werden: Ohne die Investoren aus Österreich läuft hier gar nichts.

Die vom Rat beschlossene Bürgerwerkstatt zur Zukunft des Karrees in allen Ehren – ebenso wie der Ideenreichtum der Initiative (deren Köpfe als ortsansässige Gewerbetreibende allerdings auch Eigeninteressen verfolgen). Man kann die Rechnung aber nicht ohne den Wirt machen. Und der heißt Signa. Bekanntlich ist ihr Einkaufszentrum am Bürgerbegehren gescheitert. Sie hat sich aber so viele Schlüsselimmobilien gesichert, dass der geplante Verkauf der Stadtgrundstücke an einen anderen Investor kaum denkbar ist – eine neue Ausschreibung wäre darum ziemlich sinnlos.

Im Grunde bleibt der Stadt trotz des eindeutigen Bürgerbegehrens kaum etwas anderes übrig, als mit Signa neu zu verhandeln. Die Chancen, städtebauliche Forderungen wie eine reduzierte Gebäudehöhe durchzusetzen, sind gestiegen. Schließlich hat die Firma für ihre Häuser im Viktoriakarree Preise deutlich über dem Marktwert gezahlt – als strategische Investition. Ohne Verlust kommt sie aus der Nummer nur heraus, wenn dort ein lukratives Projekt entsteht.

Ob das nicht vielleicht doch ein Einkaufszentrum sein sollte, das könnte der Rat die Bonner über einen Bürgerentscheid fragen, bei dem alle Wahlberechtigten zur Abstimmung aufgerufen wären – viel mehr als die 20 000 Unterstützer des Bürgerbegehrens. Bedarf vor allem für große Verkaufsflächen hat die Innenstadt allemal. Wer jetzt nicht mit Signa redet, riskiert Stillstand im Viktoriakarree – und zwar für viele, viele Jahre.

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