Illegale Graffiti in Bonn Am Ende zahlt der Bürger

Bonn · Illegale Graffiti verursachen jährlich hohe Sachschäden in Bonn. Die Stadt setzt auf schnelles Eingreifen, doch die Gegenmaßnahmen sind unterschiedlich effektiv.

 Großflächige Graffiti wie in der Rathausgasse gehören zum Bonner Stadtbild.

Großflächige Graffiti wie in der Rathausgasse gehören zum Bonner Stadtbild.

Foto: Benjamin Westhoff

Nachts in der Innenstadt. Zwei junge Männer schlendern an den geschlossenen Geschäften vorbei. Vor einem Juwelierladen halten sie Ausschau nach Passanten. Als niemand auftaucht, holen sie Spraydosen aus ihren Umhängetaschen und besprühen den heruntergelassenen Rollladen. Ein Blick auf das Ergebnis – schon sind sie verschwunden. Was die beiden nicht bemerken: Eine Überwachungskamera zeichnet alles auf.

So ähnlich dürfte sich die Szene Ende Juli abgespielt haben. Da die Täter trotz des Videos noch nicht identifiziert werden konnten, hat die Polizei vergangene Woche ein Standbild der Sequenz als Fahndungsfoto veröffentlicht. „Es sind bereits Hinweise von Bürgern eingegangen. Die Ermittlungen dauern an“, sagte Pressesprecherin Ruth Braun auf GA-Anfrage.

Sofortiges Entfernen

Der verärgerte Ladeninhaber versucht, gelassen zu bleiben: „Das ist ein lästiges Thema. In diesem Sommer sind solche Vorfälle gehäuft aufgetreten – normalerweise bleiben wir, bis auf ein oder zwei Mal im Jahr, verschont“, sagte Geschäftsführer Philipp Hild.

Um Nachahmern keinen Anreiz zu geben, sorge man am nächsten Tag für sofortige Entfernung: „Das ist kein allzu großer materieller Schaden, aber ein paar hundert Euro kostet das schon. Nebenan musste gerade wieder wegen so was gestrichen werden.“

Bei dem Juwelier am Dreieck ist man froh, nicht noch öfter zur Zielscheibe zu werden. Über das Verhalten der Täter kann Hild nur den Kopf schütteln: „Es gibt schöne Graffiti, das ist durchaus eine Form von Kunst, die wir zu schätzen wissen. Aber diese hingeschmierten Schriftzüge haben für Außenstehende doch überhaupt keine Bedeutung.“

Sind öffentliche Flächen betroffen, muss der Bürger für den Schaden aufkommen. „Dem Städtischen Gebäudemanagement entstanden 2015 Kosten in Höhe von rund 60.000 Euro“, sagt Stefanie Zießnitz vom Presseamt.

Stadt setzt auf schnelles Eingreifen

Auch die Stadt setze auf schnelles Eingreifen, flächendeckende Präventivmaßnahmen wie Kameras und Spezialfarbe seien zu kostspielig oder unpraktikabel, zumal Sprayer ihre Leinwände überall fänden: „Dazu zählen neben Verwaltungsgebäuden, Schulen und Kindergärten auch Bunkeranlagen, Hochwassermauern, Denkmäler, Bänke, Brücken, Friedhöfe, Spielplätze, Parkplätze, Gehwege und sonstige Flächen, die sich mit geringem Aufwand und Risiko maximal verunstalten lassen.“

Besonders jugendliche Täter würden jedoch die Risiken ihrer Handlungen unterschätzen, erklärte Braun: „Sich auf die Milde des Jugendstrafrechts zu verlassen, ist ein Fehler, weil die zivilrechtlichen Konsequenzen trotzdem enorm sein können. Die Schadensersatzansprüche erreichen Ausmaße, die sich die Täter oft nicht vorstellen können.“

Das bestätigte Helmut Hergarten, Hauptgeschäftsführer des Vereins Haus und Grund Bonn/Rhein-Sieg: „Eigentümer haben den Anspruch, dass es nach der Beseitigung genauso aussieht wie vorher. Das kann bedeuten, die gesamte Fassade zu erneuern, da reden wir schlimmstenfalls von Kosten im hohen fünfstelligen Bereich. Mit der Abbezahlung ist man viele Jahre seines Lebens beschäftigt.“

Geringes Unrechtsbewusstsein

Das Unrechtsbewusstsein unter Sprayern sei allgemein gering, sagte Braun, ein klares Profil gebe es nicht: „Die betrachten sich als Künstler. Es sind eindeutig Jüngere, und der soziale Hintergrund ist ganz unterschiedlich. Es gibt Einzeltäter und Gruppen“, so die Polizeisprecherin. Im Kampf gegen Graffiti spiele auch die Hilfe aus der Bevölkerung eine große Rolle.

Die Stadtwerke machten mit ihrer Idee, Stromkästen präventiv mit aufwendigen Motiven besprühen zu lassen, gute Erfahrungen, sagte deren Sprecher Werner Schui: „Illegale Sprayer halten sich tatsächlich zurück, und in der Nachbarschaft kommen die Kunstwerke gut an.“ Da man in schützenden Speziallack investiere, könnten Schmierereien im Einzelfall entfernt werden, ohne das Bild zu gefährden. „Wir freuen uns über Vorschläge auf Facebook und führen das Projekt fort“, sagte Schui.

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