Kommentar zu Telekom und dem Amtsgericht Am Ende der Geduld

Meinung | Bonn · Die "Umstrukturierung" bei der Telekom kommt bei einigen Mitarbeitern verständlicherweise nicht an, allerdings müssen die Angestellten auch eine gewisse Flexibilität zeigen, findet GA-Redakteur Andreas Baumann.

Ein Konzern ist keine Behörde. Niemand, der bei Volkswagen, Siemens oder Bayer vergleichsweise gutes Geld verdient, kann davon ausgehen, dass sein Job auf alle Zeiten sicher ist. Gerade global agierende Unternehmen sind Marktkräften (und manchmal auch staatlichen Einflüssen) ausgesetzt, die Stellenabbau notwendig machen, um konkurrenzfähig zu bleiben.

Ein Konzern, der zum Teil dem Bund gehört, hat dabei allerdings eine besonders hohe soziale Verantwortung. Dieser scheint die Telekom in den vergangenen Jahren durchaus gerecht geworden zu sein. 74 000 gestrichene deutsche Stellen seit 1998 – das ist einerseits ein herber Verlust für den Arbeitsmarkt; dass die Telekom diesen Kraftakt ohne betriebsbedingte Kündigungen geschafft hat, verdient aber zweifellos Respekt.

Jetzt zieht der deutsche Marktführer die Samthandschuhe jedoch aus. Wenn Menschen aus dem „Überhang“ mit einer Woche Vorlauf in andere Städte versetzt werden, obwohl der betreffende Telekom-Bereich auch einen Sitz vor Ort hat, riecht das gerade in einem digitalisierten Kommunikationsunternehmen nach dem Versuch, Druck zu erzeugen. Das kann soziale Härten bedeuten. Aus gutem Grund schauen die Arbeitsgerichte in solchen Fällen ganz genau hin, ob die Versetzung wirklich zwingend ist – und das ist sie wohl häufig nicht.

Es ist andererseits verständlich, dass die Geduld der Telekom-Spitze schwindet, wenn über Jahre hinweg das volle Gehalt an Mitarbeiter fließt, von denen keine Gegenleistung kommt. So verletzt sie durch den als „Umstrukturierung“ verniedlichten eigenen Stellenverlust sein mögen – die Männer und Frauen im Telekom-„Überhang“ müssen auch Flexibilität zeigen, sich qualifizieren, bereit sein, Jobs im Konzern anzunehmen, die ihnen vielleicht nicht so angenehm sind wie ihre früheren Aufgaben.

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