Spardruck bleibt hoch "Ab jetzt wird es viel schwerer"

BONN · Es war ein Sprung ins kalte Wasser. Seit Bernhard Helmich vor einem Jahr als Generalintendant nach Bonn kam, steht er nicht nur vor der Aufgabe, die künstlerische Zukunft der Oper und des Schauspiels zu gestalten. Er hat auch weniger Geld zur Verfügung als sein Vorgänger Klaus Weise.

Um 1,6 Millionen Euro kappte die Stadt ihren Zuschuss auf rund 28 Millionen Euro. Kostensteigerungen eingerechnet, klaffte nach Helmichs Angaben bei seinem Amtsantritt eine Finanzlücke von 3,5 Millionen Euro. Diese, so der Auftrag, sollte der Generalintendant schon in seiner ersten Spielzeit zum größten Teil schließen.

"Die 2,5 Millionen Euro werden wir bis Ende Juli schaffen", kündigt Helmich an. Nach dem Rasenmäherprinzip habe er den künstlerischen Bereich um zehn Prozent gestutzt, an Gagen, Kostümen und Bühnenbildern gespart. Von 365 Stellen seien 8,5 gestrichen worden. Gleichzeitig erhöhte das Theater mit Zustimmung des Rates die Preise moderat.

"Das haben die Besucher akzeptiert, wie die Entwicklung der Einnahmen zeigt", sagt Helmich. Unterm Strich: ein Plus von rund 210.000 Euro bei den Eintrittskarten (Stand Juni, siehe "Zahlen und Fakten"). Die lange Zeit verbreitete Behauptung, in Bonn ließen sich keine höheren Preise durchsetzen, hält der Generalintendant für widerlegt. Jetzt sei Bonn auf dem Niveau vergleichbarer Städte wie Karlsruhe und Wiesbaden. Weiter erhöhen will er nicht.

In den nächsten beiden Spielzeiten muss er jeweils weitere 500.000 Euro heben. "Das wird viel schwerer als bisher", betont der auf fünf Jahre berufene Generalintendant. Nach dem Sommer werde er ein Konzept vorlegen. Klar sei aber: "Wir brauchen eine detaillierte Finanzplanung, an die sich alle Abteilungen halten." Extrawünsche von Regisseuren außerhalb des Budgets zum Beispiel seien nicht mehr erfüllbar. Das erfordere einen "Umgewöhnungsprozess" im eigenen Haus.

Helmich will aber auch die Zahl der Aufführungen in der Oper erhöhen, um die Einnahmen zu steigern - mit einem größeren Angebot von Stücken, mehr Wiederaufnahmen und zusätzlichen Premieren, auch von klassischen Musicals. Die Gespräche mit dem Beethoven Orchester dazu seien "auf einem guten Weg".

Sorgen machen ihm die wachsenden Energiekosten. "Das Operngebäude hat man über 50 Jahre verwahrlosen lassen", kritisiert Helmich. Zwar hat der Rat beschlossen, bis 2016 rund 7,7 Millionen in die Modernisierung der Bühnentechnik zu stecken. Aber das löst den Sanierungsstau am Haus nicht auf. Das Theater hat jetzt eine Architektin mit Zweijahresvertrag eingestellt, die den Sanierungsbedarf untersuchen und Planungsaufträge erarbeiten soll.

Helmichs Sparbemühungen werden von den Tarifkostensteigerungen beim Personal unterlaufen, die von der Stadt Bonn aufgefangen werden müssen. Für die Spielzeit 2014/2015 hatte der Kämmerer 480.000 Euro geplant, tatsächlich werden es nach Theaterangaben aber Mehrkosten von 830.000 Euro sein: Statt der vorgesehenen 28 Millionen wird die Stadt 28,35 Millionen Euro aufwenden müssen. Tendenz: steigend. Gut möglich, dass die bis 2016 befristeten "Anpassungshilfen" länger als geplant gewährt werden müssen.

Helmich sagt, dass binnen einiger Jahre weitere Stellen "im zweistelligen" Bereich abgebaut werden könnten. Tiefgreifendes Sparen sei aber nur möglich, wenn es eine Entwicklung hin zum "normalen Stadttheater" gebe. Drei Spielstätten in drei verschiedenen Stadtbezirken: Das werde "mit Sicherheit nicht so bleiben können, weil es auf Dauer nicht bezahlbar ist".

Zur Person

Bernhard Helmich (51) wurde in Idar-Oberstein geboren. Er studierte Literatur-, Musik- und Theaterwissenschaften in Köln und Hamburg. Er arbeitete 1989 bis 1992 am Nationaltheater in Taipeh. Nach ersten Aufgaben als Regieassistent war er ab 1992 Dramaturg an den Theatern Trier und Bielefeld. Am Dortmunder Theater war Helmich zusätzlich Referent des Generalintendanten. Nach vier Jahren als Chefdramaturg der Leipziger Oper wechselte er 2006 als Generalintendant zum Chemnitzer Theater. Seit 2013 wirkt er in Bonn.

Zahlen und Fakten

Das Personal: 365 Stellen, davon acht Beamte, 186 Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, 171 Mitarbeiter mit den dem tariflichen "Normalvertrag Bühne"
Die Einnahmen: In der aktuellen Spielzeit hat das Theater die Zahl der Vorstellungen im Vergleich zu 2012/2013 um rund zehn Prozent auf 481 reduziert (181 Oper und Tanz, 300 Schauspiel). Zwar sanken damit die Besucherzahlen von 197.918 auf 167.938 (Stand Juni). Wegen der erhöhten Preise stiegen die Einnahmen aber von 3,44 auf 3,65 Millionen Euro. Die Mehreinnahmen kamen jedoch allein aus der Sparte Oper/Tanz mit 117 190 Besuchern. Das Schauspiel nahm bei 50 748 Besuchern rund 596.000 Euro ein - etwa 100.000 Euro weniger als im Vorjahr.
Der Wirtschaftsplan: In der auslaufenden Spielzeit 2013/2014 sind laut Bernhard Helmich Ausgaben von 32,04 Millionen geplant. Von der Stadt fließen inklusive "Anpassungshilfe" knapp 28 Millionen Euro. Das Land NRW zahlt einen Zuschuss von 1,25 Millionen Euro.

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