Prozess vor Bonner Landgericht 40-Jährige warf Schrank vor fahrendes Auto

Bonn · Das war knapp: Als ein junger Autofahrer am Abend des 22. Juni 2018 mit seiner Freundin durch Beuel fuhr, erlebte er den „Schock seines Lebens“. Direkt vor seinem Auto krachte ein Schrank auf den Asphalt. Eine 40-Jährige hatte ihn aus dem Fenster geworfen. Sie steht jetzt vor Gericht.

Vor dem silberfarbenen Fahrzeug des jungen Mannes – er war gerade auf dem Weg zu einem Schnellimbiss – kam ein „Riesending“ von oben. Ein Fernseher, dachte er zunächst, aber „das Ding war so schnell, dass ich es nicht erkennen konnte“, sagte er am Dienstag vor dem Bonner Landgericht. Trotz Vollbremsung überfuhr er den Gegenstand, der in tausend Spiegelsplitter zerbrach und sich später als ein Badezimmerschrank entpuppte. Der 28-Jährige wollte wissen, woher „das Ding“ gekommen ist und schaute an der Häuserwand nach oben. Da öffnete eine Frau das Fenster und fragte, ob was passiert sei.

Die Werferin des Spiegelschranks kam noch am Tattag in die Bonner Landesklinik. Den Polizeibeamten, die den ungewöhnlichen Unfall auf der Sankt Augustiner Straße aufnahmen, schien die 40-Jährige verwirrt: Sie hatte ihnen erzählt, dass sie sich von den Spiegeln im Badezimmer beobachtet gefühlt habe, da habe sie den Hängeschrank abgenommen, um ihn loszuwerden.

Vor dem Landgericht muss sich die ehemalige Reiseleiterin jetzt unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung sowie gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verantworten. Allerdings geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass sie wegen einer psychotischen Erkrankung im Zustand der Schuldunfähigkeit gehandelt hat. Die 3. Große Strafkammer muss jetzt prüfen, ob sie endgültig in einer psychiatrische Klinik untergebracht werden muss. Seit 2009 habe sie bereits erste schizophrene Symptome gehabt, seit 2014 steht sie unter Betreuung, zurzeit ist sie in Bedburg-Hau untergebracht.

„An dem Tag habe ich Stimmen gehört“, erzählte sie im Prozess, „ich sollte mit dem Putzen fertig werden, bevor es dunkel wird.“ Auch eine Fliege, die sie nicht fangen konnte, habe ihr Stress bereitet. „Da habe ich den Schrank abgehängt. Natürlich war das krank.“ Erst später habe sie realisiert, dass sie mit dem Wurf Passanten in Lebensgefahr gebracht habe.

In der Bonner Klinik soll die 40-Jährige ebenfalls aufgefallen sein: Hier soll sie einen Mitpatienten mit einer Kaffeetasse bedroht, einer Pflegerin im Kampf die Haare ausgerissen und – als sie fixiert wurde – einer Ärztin mit dem Tod gedroht haben.

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