Grippewelle in Bonn 130 Schüler in Tannenbusch auf einmal erkrankt

BONN · Kopfschmerzen, Schüttelfrost und hohes Fieber: Symptome, über die zurzeit viele, vor allem junge Patienten in den Arztpraxen klagen. Oder auch über Magen- und Darmprobleme. So viele Kranke auf einmal und obendrein so viele mit Infekten, die sie gleich mehrere Wochen lang außer Gefecht setzen, das findet selbst der erfahrene und langjährige Obmann der Bonner Kinder- und Jugendärzte, Hubert Radinger, für diese Jahreszeit doch recht ungewöhnlich.

"Eine Mutter hat mir eben berichtet, dass von 75 Kindergartenkindern auf einen Schlag 40 krank geworden sind", sagt Radinger. Er und seine Kollegen haben dementsprechend alle Hände voll zu tun, "denn die normalen Vorsorgeuntersuchungen laufen ja auch weiter".

Gleich 130 Abmeldungen von kranken Schüler verzeichnete Reinhold Pfeifer vor zwei Tagen an der Bertolt-Brecht-Gesamtschule. Der Direktor musste an jenem Morgen seine Sekretärinnen am Telefon unterstützen, weil sie die Anrufe der Eltern, die ihre Kinder krank melden wollten, kaum noch bewältigen konnten. Ebenso fielen an dem Tag auch zwölf Lehrkräfte wegen akuter Erkrankungen auf einen Schlag aus. "Das sind zehn Prozent meines Kollegiums, das muss man dann irgendwie auffangen", sagt Pfeifer.

Auch Brigitte Lenz, Direktorin der Liebfrauenschule, ist ziemlich überrascht, als sie aus dem Sekretariat erfährt, dass am selben Morgen, 30 Schülerinnen und drei Kollegen wegen Krankheit als entschuldigt gemeldet worden waren. "Um diese Jahreszeit haben wir natürlich immer mit Ausfällen wegen Infektionskrankheiten zu kämpfen", sagt sie. Aber dieses Ausmaß sei schon ungewöhnlich.

Im Familienzentrum der Lukaskirchengemeinde in Bonn-Nord sind nicht nur viele Kinder krank, sondern es fehlt auch die Hälfte der Belegschaft. "Wir sind heilfroh, dass unsere Eltern viel Verständnis für unsere Situation haben und uns super unterstützen", sagt Kita-Leiterin Waltraud Mertens.

Dabei seien die meisten Eltern berufstätig und stünden gewaltig unter zeitlichem Druck. Das führe in manchen Fällen dazu, dass Kinder nach einer Erkrankung zu früh wieder in die Einrichtung gebracht würden und Spielgefährten ansteckten. "Das ist ein fataler Kreislauf. Der Gesetzgeber müsste den Eltern deutlich mehr Zeit einräumen, dass sie ihre Kinder bei Krankheit so lange betreuen könne, bis sie wieder gesund sind."

"Volles Haus" meldet Lars Lange, Oberarzt der Kinderabteilung des Marienhospitals. Nahezu jedes Bett sei belegt, sagt der Kinderarzt. Bei den Erkrankungen handele es sich in der Regel um eine Mischinfektion, ausgelöst durch einen ganzen Mix an unterschiedlichen Viren, was atypisch sei.

"Das führt vor allem bei kleinen Kindern zu schweren Symptomen und einer längeren Bettlägrigkeit als normalerweise üblich", erklärt der Mediziner. Auch viele Erwachsene, so weiß er von Kollegen, hätten sich mit dem Viren-Mix infiziert und litten vor allem unter Schwindel, Fieber und dem Gefühl, "nicht mehr richtig auf die Beine kommen zu können."

Hoffnung, dass der plötzliche Anstieg an Infektionserkrankungen langsam wieder zurückgehen wird, kann Lange noch keine machen. Er verweist auf Meldungen des Robert-Koch-Institutes, wonach die Influenza-Aktivität in Deutschland deutlich erhöht sei und die Zahl schwer verlaufender Erkrankungsfälle steige.

Und erfahrungsgemäß erreiche die Grippewelle erst an den tollen Tagen ihren Höhepunkt. Ein Patenrezept, wie man sich gegen eine Ansteckung schützen kann, hat der Arzt nicht. Er empfiehlt: "Hände waschen, möglichst in die Ellenbeuge niesen oder husten und vielleicht derzeit auf das Händeschütteln verzichten."

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