Bonns ältester Bürger 109 Jahre alter Sarwahn Singh verrät sein Geheimnis
Bonn · Vor vier Jahren hat er seine Heimat Indien verlassen. Da war er 105 Jahre alt. Jetzt ist er 109 geworden und bekam als ältester Bürger Bonns Besuch von Oberbürgermeister Ashok Sridharan.
Wenn am Sonntag die große Geburtstagsfeier für Sarwahn Singh steigt, blickt dieser auf ein Leben zurück, das nicht nur körperlich, sondern auch räumlich ganz im Zeichen von Bewegung stand.
Geboren in der indischen Provinz Punjab begann Singh seine berufliche Laufbahn als Polizeibeamter. Schon bald versetzte ihn die englische Krone nach China, wo er im Rang eines Polizeioffiziers diente. Nach der Rückkehr in die Heimat war Singh in seinem Dorf nicht nur als Polizist geschätzt, sondern auch in der Rolle als Dorfältester.
"In seinem Heimatort war mein Vater aufgrund seiner Lebenserfahrung für die Lösung von Konflikten verantwortlich", berichtet Singhs Sohn, Sukhudev Singh, der für den Vater übersetzt.
Er genießt es, politische Debatten anzustoßen
Nur kommunalpolitisch zu agieren, kam für Singh nicht in Frage. "Unter Indira Gandhi engagierte sich mein Vater sehr stark im Indischen Nationalkongress (INC), eine der größten Parteien Indiens", teilt sein Sohn stolz mit. Seit vier Jahren lebt Singh nun im Hause der Familie seines Sohnes - gemeinsam mit der Schwiegertochter und drei der fünfzehn Enkel - und genießt es, politische Debatten anzustoßen.
"Mein Schwiegervater hat bis zuletzt täglich Zeitung gelesen. Seine Augen sind nicht mehr so gut, deshalb hat er auf Radio umgestellt", so die Schwiegertochter Hardeeb Kaur und fügt schmunzelnd hinzu: "Beim Zuhören bleibt es selten - das politische Geschehen kommentiert mein Schwiegervater unentwegt."
Nicht nur geistige Fitness ist Singh ein wichtiges Anliegen. Bis vor seinem Umzug nach Deutschland war er passionierter Fahrradfahrer. Um Verletzungen zu entgehen, setzt er heute lieber auf Treppensteigen und Spaziergänge. "Mein Schwiegervater dreht täglich mehrere Runden durch unseren Garten. Im Winter ist es ihm zu kalt. Dann läuft er morgens acht Mal durch das Haus", so Kaur und ergänzt: "Wenn er mal einen Tag pausieren muss, sorgt er sich mehr, als wir es tun".
Im Winter spaziert er lieber durchs Haus statt im Garten
Nebst geistiger Fitness und körperlicher Mobilität setzt Sarwahn Singh auf die gesunde Ernährung als Rezept seines langen Lebens. Der regelmäßige Genuss von Obst und Gemüse bildet die Grundlage seiner Mahlzeiten, dazu gönnt er sich gerne die als Chapati bekannten indischen Vollkornfladenbrote. Ganz grundlegend ist für ihn jedoch der Genuss von Milchprodukten. "Mein Vater trinkt zu jeder Mahlzeit ein Glas Dickmilch - bei uns nennt man das Lassi. Und vor dem Schlafen nimmt er noch einmal einen halben Liter zu sich", so Sohn Sukhudev Singh.
Schon vor seinem Umzug reiste Singh regelmäßig um die Welt, um seine Kinder zu besuchen, die nicht nur in Deutschland, sondern auch in England und den USA leben. Heute verhalte es sich umgekehrt, wie der Sohn berichtet: "Zuletzt besuchte mein Vater sein Heimatland in den Herbstferien, gemeinsam mit uns. Die langen Flüge bereiten ihm keine Sorge, auch wenn es medizinisch nicht optimal ist. Aber sein Vertrauen in Gott ist ein Grund für sein langes Leben."
