Flüchtlingspate Walter Seiwert Freund, Motivator und Treiber in einer Person

Ückesdorf · Seit zwei Jahren engagiert sich der Banker Walter Siewert aus Ückesdorf als Flüchtlingspate bei der Evangelischen Migrations- und Flüchtlingsarbeit (EMFA). „Ein Flüchtlingspate ist nicht nur ein Kümmerer, sondern vor allem Freund, Motivator und Treiber im positiven Sinn“, meint Seiwert.

 Walter Seiwert (2.v.l.) mit seiner Patenfamilie Al Mohammed: (von links) Sohn Adnan, Vater Khaled und Mutter Hnade Jane.

Walter Seiwert (2.v.l.) mit seiner Patenfamilie Al Mohammed: (von links) Sohn Adnan, Vater Khaled und Mutter Hnade Jane.

Foto: Immenkeppel

Zwei schmale Schlafsofas, ein Tisch, eine kleine Anrichte. Die wenigen Habseligkeiten sind in einem Kleiderschrank verstaut. „Es ist nicht viel, aber wir sind froh, dass wir hier untergekommen sind“, erzählt Hnade Jane Al Mohammed und kocht Tee. „Im Sommer ist es wirklich schön hier“, ergänzt die 50-Jährige und schaut aus dem Fenster ihres Quartiers im Tannenbusch. Dort, vor dem Balkon, hat sie im vergangenen Jahr einen kleinen Garten angelegt. „Wir haben Salat und Gemüse geerntet. Fast so wie früher“, ergänzt sie und lächelt traurig.

Ihr Zuhause gibt es längst nicht mehr. Vor gut einem Jahr ist die Familie vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflohen. Der zweitälteste Sohn, gerade einmal 16 Jahre alt, wurde dort bei der Bombardierung des Wohnhauses getötet. „An diesem Tag haben wir alles verloren. Uns allen war klar, dass wir in Syrien nicht länger sicher waren“, berichtet Vater Khaled. Während Mutter Hnade Jane, die in Syrien als Bankangestellte arbeitete, gemeinsam mit dem 14-jährigen Sohn Adnan im September 2015 nach Deutschland kam, erreichte Vater Khaled, der zu dieser Zeit noch als Ingenieur auf ein Öl-Insel in Der al-Zor war, im Frühjahr 2016 die Familie.

Mit 50 und 56 Jahren bauen sich die Eheleute jetzt ein neues Leben auf. Deutsch lernen, eine Unterkunft finden, die Regeln des Gastlandes kennenlernen. Dabei hilft ihnen Walter Seiwert.

Ihn freut besonders, wie gut sich der 14-jährige Adnan bereits eingelebt hat. Er besucht die Internationale Klasse des Friedrich-Ebert-Gymnasiums, spricht schon gut Deutsch und hat erste Freundschaften geknüpft. „Politik und Chemie sind meine Lieblingsfächer“, überlegt der 14-Jährige kurz.

„Sport ist allerdings die beste Integration“, weiß Seiwert aus seiner Arbeit als Pate. Deshalb handelte er sofort, als Vater und Sohn Al Mohammed ihm erzählten, dass sie in Syrien begeisterte Karatekämpfer waren. Ein Anruf beim Karate-Club Bonn I genügte. „Natürlich freuen wir uns, wenn wir junge Menschen für unseren Sport begeistern“, erzählt Michael Burau vom Verein. Seit Dezember trainiert Adnan mehrmals in der Woche. „Er ist wirklich sehr talentiert und begeistert bei der Sache. Es macht uns Freude, wenn wir sehen, wie viel Spaß der Junge hat.“ Auch Trainer Wilfried Scholz ist mehr als zufrieden. Noch plagen Vater Al Mohammed ein paar Verletzungen. Sobald die abgeheilt sind will er gemeinsam mit seinem Sohn trainieren.

„Mein Ziel ist es, die Familie in die Lage zu versetzen, sich relativ selbstständig um ihre eigenen Belange zu kümmern. Dafür ist es wichtig, dass sie Zugang zum sozialen und kulturellen Leben in Bonn haben“, so Seiwert. „Integration kann nur gelingen, wenn beide Seiten die kulturelle Identität des anderen respektieren“, ergänzt der Pate.

Mittlerweile hat Familie Al Mohammed ein zweites Zimmer zugewiesen bekommen. Dort hat sich Adnan eingerichtet. „Aber es wäre schön, wenn die Familie eine kleine Wohnung finden würde. Vielleicht sucht jemand einen netten Mieter“, meint Seiwert und hofft auf Resonanz.

Vater Khaled setzt allerdings ganz andere Prioritäten. „Natürlich wäre eine kleine Wohnung schön“, meint er. „Aber ich würde viel lieber Arbeit finden. Ich habe meine Familie immer ernährt. Ich fühle mich schlecht, wenn ich Geld bekomme ohne dafür etwas zu leisten“, sagt er. „Ich will nicht den ganzen Tag nur rumsitzen und abwarten. Für mich steht Arbeit an erster Stelle.“ Und – so ergänzt er: „Ich hoffe natürlich, dass mein Sohn hier glücklich sein wird.“

Wer eine Wohnung für Familie Al Mohammed zur Verfügung stellen will, der kann sich bei w.seiwert@gmx.de melden.

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