Impressionisten in der Bundeskunsthalle - bis 21. Februar "Japans Liebe zum Impressionismus" in Bonn

Die Bundeskunsthalle in Bonn zeigt 90 Werke französischer Impressionisten aus japanischen Sammlungen, die bisher noch nie in Europa zu sehen waren. Das Ausstellungsjahr Bonner Museumsplatz hat mit der überaus erfolgreichen Doppelschau von Macke und Marc im Kunstmuseum begonnen. Der Herbst wird nun gegenüber in der Bundeskunsthalle mit einer Ausstellung eingeläutet, die Blockbusterqualitäten hat: "Japans Liebe zum Impressionismus", wohl die Publikumsschau des Jahres.

Mit Impressionismus kann ein Ausstellungsinstitut nichts verkehrt machen: Der zieht - vorausgesetzt, die Meisterwerk-Dichte ist hoch und es wird eine interessante Geschichte erzählt. Voraussetzung eins ist erfüllt: Mit allein 15 Gemälden von Claude Monet aus allen Schaffensphasen, einem exzellenten Querschnitt durch das Werk Pierre-Auguste Renoirs, mit herausragenden Arbeiten von Édouard Manet, Paul Cézanne, Gustave Courbet und anderen Größen ist hier ein Niveau französischer Kunst erreicht, das zumindest in Bonn noch nie zu sehen war.

Die Voraussetzung Nummer zwei, eine interessante Geschichte, ist auch gegeben. Nach 200 Jahren der Abschottung öffnete sich Japan in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Westen hin, erlebte eine Phase der Aufklärung, wirtschaftlichen Aufschwung, begann sich für die Kultur Europas zu interessieren.

Es kam zum intensiven Austausch: Japanische Farbholzschnitte waren bei europäischen Künstlern heiß begehrt, Monet und van Gogh, Rodin und Gauguin haben sie gesammelt, im Gegenzug kauften reiche japanische Geschäftsleute in Paris Impressionisten ein, zum Teil en gros.

Das Essener Folkwang-Museum hat 2014 mit "Inspiration Japan" die Wirkung auf Europa dokumentiert, die Bundeskunsthalle zeigt nun die Faszination, die die Impressionisten auf das Kaiserreich ausübten.

Zu sehen sind rund 100 Kunstwerke aus 30 japanischen Museen, etliche darunter haben erstmals Japan verlassen. Über mehrere Kanäle nähert sich die mitunter etwas umständlich, mal chronologisch, mal thematisch gegliederte Ausstellung der zentralen Frage: Was hat die Japaner so sehr am Impressionismus gereizt?

[kein Linktext vorhanden]Einmal abgesehen vom Investment, das in den Boomjahren 1950 bis 1980 eine Rolle spielte, worauf so mancher Impressionist im Safe einer japanischen Firma landete, ist es die Liebe für das Vergängliche. Es ist die Faszination für den Rausch des Augenblicks, für Natureindrücke, die sich im Wechsel der Jahreszeiten ablesen lassen, für das Fließen des Wassers, für Lichtreflexe und Spiegelungen. Japanische Bildtradition und die französische Malerei des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts erscheinen als Geistesverwandte. So fremd die Länder einander waren, hier fand sich ein direkter Draht.

Höchst eindrucksvoll manifestiert sich dieser Dialog im "Allerheiligsten" der Ausstellung, im Monet-Raum: Eine Wand ist gefüllt mit japanischen Farbholzschnitten aus Monets Sammlung in Giverny, kostbaren Blättern von Hokusai, Utamaro und Hiroshige; der Rest ist mit wunderbaren Gemälden Monets gefüllt. Zu sehen sind das diesige, vom Dampf der Lokomotiven erfüllte Kolorit auf dem Bahnhof von St. Lazare (1877), aufgewühlte Seelandschaften, das durch und durch in allen erdenklichen Blautönen und Weißabstufungen schillernde Gemälde zweier Frauen in einem Boot (1887), ein geradezu verlöschendes, sehr zartes Seerosenbild von 1908, mehr pure Lichterscheinung als Naturbild.

Die Nähe zu Japan ist offensichtlich. Dass Monet sich bei seinem Garten von Giverny mit dem Seerosenteich - dort malte er die letzten 30 Jahre seines Lebens - an japanischen Gärten orientiert hatte, steht für die tiefe Zuneigung des Franzosen zu Japan. Und die Japaner lieben Monet. Er ist der begehrteste europäische Maler - bei Sammlern und bei japanischen Künstlerkollegen, wie die Ausstellung auch dokumentiert. Schon die Vorläufer der Impressionisten, der Realist Courbet und die Maler der Schule von Barbizon, Millet, Corot und Rousseau, begeisterten japanische Sammler.

Es sind die ersten Schritte einer Freiluftmalerei, die den direkten Kontakt mit der Natur suchte und sich dem Kunstdiktat der Akademie verweigerte. Courbet ist in diesem ersten wichtigen Kapitel der Schau mit exzellenten Werken, Landschaften und einem hinreißen Porträt von "Joe, die schöne Irin" (1872) vertreten.

Der Parcours geht weiter zu Manets farbsattem Bild "Junge mit Blumen" (1876), zu einem in delikaten Grautönen gehaltenen Porträt mit Meeresausblick der großartigen Berthe Morisot, atmosphärischen Landschaften von Alfred Sisley und Camille Pissarro, wunderbaren Menschenstudien von Manet und Edgar Degas. Letzterer malte 1868/69 Monsieur und Madame Manet. Der Herr lümmelt stilecht gekleidet auf dem Sofa.

Mit Renoirs duftigen jungen Mädchen, diesen koloristischen Meisterwerken, und den Badenden von Cézanne, die schon weit über den Impressionismus hinausdeuten, erreicht die Schau einen letzten Höhepunkt. Denn die Postimpressionisten, ferner Meister wie Gauguin und van Gogh - er ist mit zwei bäuerlichen Bildern aus der ersten Hälfte der 1880er Jahre vertreten - waren bei japanischen Sammlern nicht mehr so begehrt.

Bundeskunsthalle; bis 21. Februar 2016. Di, Mi 10-21, Do-So 10-19 Uhr. Katalog (Prestel) 49,95 Euro

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