Ausstellung im Kurfürstlichen Gärtnerhaus Wie fantastische Lebensformen entstehen

BONN · Eine bizarr barocke Assem-blage auf pink gefärbtem Wandgrund, eine Plantage von Inspirationsobjekten, die Skizze einer Jägerstube, ein meditatives Windspielensemble, ein surreal-sakraler Wandfries und dazwischen die seltsame Kreuzung von naturwissenschaftlichem Museum und pathologischem Institut

 Rätselhafter Organismus: Marja Kennis mit einem Objekt im Raum für Kunst und Natur.

Rätselhafter Organismus: Marja Kennis mit einem Objekt im Raum für Kunst und Natur.

Foto: Galerie

Diese, allein aus dem Material Porzellan hervorgehenden Szenen zeigt Marja Kennis in ihrem frappierenden Projekt "changing collections". Zu Bruch gehen gleichsam sämtliche Vorstellungen oder Klischees die sich an diesen Werkstoff heften. Die 1965 in Veghel geborene Holländerin beschert ein kapriziöses Formenvergnügen dessen Charme, Fantasie und Oberflächenästhetik sogar ein unscheinbarer, amorpher Porzellanklumpen mitteilt. Ihre Anregungen für die Entwicklung raffinierter Formenspiele holt sich die an der Gerrit Rietveld Akademie ausgebildete Künstlerin aus dem Umfeld ihres, nahe Amsterdam angesiedelten Wohnortes Almere.

So werden etwa zunächst Blätter und Hülsen von Gemüsesorten, Blumen, Bäumen oder Sträuchern in einem heiklen Abdruckverfahren auf hauchzarte Porzellangründe fixiert, miteinander verschweißt, anschließend gebrannt, glasiert oder gar mit Farbe legiert. In blau- oder grünstichigen Organismen, champagnerfarbenen Liliengewächsen, zapfenähnlichen Wirbelformen, einer obskuren, mitunter an Meerestiere erinnernden Ornamentik mischen sich erkennbare Ursprünge mit befremdlichen Anmutungen. Ihre "multiple creatures" stockt auch in der Psychologie beheimatete Künstlerin auf durch konsternierende Büsten und dem Gruselfilm nahestehende Wandobjekte, die auf Erforschungen von archaischen Schädelformen basieren.

Raum für Kunst und Natur, Eifelstr. 22, Finissage mit Künstlergespräch am 25. April 12 bis 15 Uhr, Mi - Fr 16 bis 19 Uhr, Sa 12 bis 15 Uhr.

Wie sich aus einem einzigen Motiv und aus einem ebenfalls konsequent durchgespielten Prinzip eine fesselnde Vielfalt entwickelt, das zeigt das hervorragende, in sich geschlossene Projekt "Reflexionen". Fokus der in sich geschlossenen Bildwelt von Janni E. Bruch ist der Poppelsdorfer Weiher, wiederum Ausgangspunkt für den malerisch aufgefächerte Kaleidoskop der Spiegelungen. In ihrem anspruchsvollen, von einer faszinierenden Videoarbeit begleiteten Gemäldeensemble lotet die an der Düsseldorfer Akademie ausgebildete Malerin insgesamt den Prozess einer allmählichen Wirklichkeitsdistanzierung aus.

Diese "freie Fortentwicklung" beginnt mit der Konzentration auf die kompositorischen Schwerpunkte: "Farbenkonstellation" und "Lichtsituation" (Bruch). Auf Holz, Leinwand oder Papier entfesselt die in Berlin geborene Wahlbonnerin daraufhin Farbräume, wo annähernd Erkennbares sich mit den Bereichen Andeutung, Ahnung oder Signal mischen. Abgewandelte Intensitäten von lichten Blauvarianten, "farbigen Graustufen" und einer Fülle von verschatteten Grünnuancen (Acryl, Ölkreide, Bleistift, Aquarellfarbe) lassen Rückschlüsse auf Jahresdaten und Uhrzeiten zu.

Die Wasseroberfläche des Weihers mutiert jedoch nicht nur zum poetischen Schauplatz von multiplen Lichtbrechungen, sich verflüchtigenden Biotopen, verzerrten Architekturen, stillen Bewegungen und sachten Rhythmen Das Raffinement der Suite offenbart sich in einer komplexen, autonomen und nicht zuletzt verwirrenden Ausreizung des Spiegelungsprinzip.

Kurfürstliches Gärtnerhaus, Beethovenplatz, bis 16. April. Di - Sa 14 bis 18 Uhr, So 11 bis 14 Uhr.

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