Pantheon Wie ein Schmetterling im Glas

Kabarettist Philip Simon tut im Pantheon, was ein Kabarettist tun soll: Er gibt sich bissig, satirisch und philosophisch.

 Kabarettist Philip Simon räsoniert im Pantheon pointenreich über die Welt. FOTO: THOMAS KÖLSCH

Kabarettist Philip Simon räsoniert im Pantheon pointenreich über die Welt. FOTO: THOMAS KÖLSCH

"Ich weiß nicht, wem ich noch vertrauen kann", sagt Philip Simon resigniert. Den Politikern? Wohl kaum, laufen die doch nur allzu willig durch eine Drehtür namens Angela Merkel, gehen mit großen Worten rein ins Zentrum der Macht und kommen als Nieten wieder raus. Der Religion? Auch nicht - der holländische Kabarettist, der da auf der Pantheon-Bühne sitzt und in einem an Hagen Rether erinnernden Duktus (aber erfreulicherweise ohne eine überhebliche Ader) über Gott und die Welt sinniert, hat ein Problem mit Leuten, die anderen den wahren Glauben erklären wollen, die über Text- oder neuerdings auch Bildinterpretationen in Rage geraten und ihre Meinung statt mit Vernunft mit Aggression durchzusetzen versuchen. Dann vielleicht der Gesellschaft? Guter Witz. "Wir sind moralische Flatliner", konstatiert Simon. Tja. Irgendwie ernüchternd.

Gnadenlos seziert der Hobbyphilosoph, der sich selbst autistische Züge unterstellt und beinahe sehnsüchtig in Richtung Zwangsjacke schielt, in seinem ständig aktualisierten Programm "Ende der Schonzeit" das Versagen der regierenden Klasse und die Macht der Werbung, sucht nach einer Füllung für so manche Gauck'sche Worthülsen und weiß um das Apple Unser, das in naher Zukunft in der iChurch gebetet wird. Der Mahner in der Wüste der Werte wettert gegen den Glauben an Kommerz und Konsum. Kennt man ja. Doch Simon erfüllt diese Aufgabe wahrlich meisterhaft, bissig, satirisch und philosophisch. Das alles muss er rauslassen, das verlangt dieses permanente Brisseln im Kopf - auch wenn es nur selten Kleinigkeiten sind, über die sich der Kabarettist aufregt. Meistens sind es eben doch die großen Probleme. Eine leichte Kost bietet Simon nicht.

Aber eine lehrreiche. Und eine notwendige. Während dem Publikum immer wieder das Lachen im Halse stecken bleibt, klopft der 38-Jährige an jene zerbrechliche und doch scheinbar unüberwindbare Scheibe aus Ängsten und Hoffnungen, die den Menschen wie einen Schmetterling im Glas gefangen hält, während er von Freiheit träumt. So präsentiert Simon brillante teils tiefgründige Texte zwischen depressiven Ergüssen und wildem Aufbäumen, manchmal etwas zu trantütig, aber immer zum Nachdenken anregend.

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