Konzert in Beuel Wayne Marshall an der Orgel - Kraftvoll, elegant, athletisch

BEUEL · Kraftvoll, elegant, athletisch: wenn Wayne Marshall an der Orgel sitzt, dann kann man das durchaus so beschreiben. An der Oberlinger-Orgel von St. Joseph spielte der international als Organist, Pianist und Dirigent erfolgreiche Marshall, der ab der Saison 2014/15 übrigens Chefdirigent des WDR Rundfunkorchester wird, ein zweifelsohne brillantes Konzert, das jedoch auch einige Fragen aufwarf.

Denn Marshalls rhythmisch extrem knackige und überpointierte Spielweise bekommt nicht jedem Werk gut. Stücke wie der eingangs gespielte Marche pontificale von Charles Marie Widor oder der Kopfsatz aus dessen sechster Symphonie drohten da schnell zur Karikatur ihrer selbst zu werden, wenn etwa vollgriffige Tutti-Akkorde im Maschinengewehr-Staccato heruntergedroschen oder die Pausen zwischen den Noten fast länger als ebendiese werden.

Marshall, daran besteht nicht der geringste Zweifel, ist ein unglaublich versierter Vollblut-Musiker. Seine fast permanente virtuose Überdrehtheit ermüdet jedoch schnell.

Aber er kann auch anders. Bei der Benediction Nuptiale von Camille Saint-Saëns etwa schwelgte er in pastosen Klanglandschaften. Das war Idylle pur. Und auch Charles Parrys Fantasia in G gestaltete Marshall hochexpressiv und intensiv. Ein Stück wie das blitzsauber gespielte Scherzo aus Louis Viernes zweiter Symphonie wirkte jedoch klanglich zu poliert.

Die Dramaturgie der Variationen über ein Thema aus der Oper "Fredigundis" von Franz Schmidt erfuhr durch Marshall eine perfekte Inszenierung. Hier gab es keine Extravaganzen oder Übertreibungen. hier wirkte Marshalls Spiel einfach nur - in sehr überzeugender Weise - "normal". Zum Abschluss improvisierte er über eine Reihe von Themen, deren Anzahl locker für mehrere Improvisationen gereicht hätte. Marshall beschränkte sich weitgehend auf zwei. Und die gelangen extrem originell.

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