Programm 2016 der Bundeskunsthalle Von Pina Bausch bis zur Gartenkunst

Bonn · "Die Bundeskunsthalle wird rheinischer." Rein Wolfs, Intendant der Institution, münzte das bei der jährlichen Programmpressekonferenz darauf, dass man im kommenden Jahr keine Schätze aus Asien oder Südamerika in Bonn sehen werde, sondern als große kulturhistorische Ausstellung des Jahres den Rhein in allen historischen, kulturellen und politischen Facetten.

Bundeskunsthalle zeigt Pina Bausch und Peter Birmanns "Blick vom Isteinerklotz rheinaufwärts gegen Basel", um 1819.

Bundeskunsthalle zeigt Pina Bausch und Peter Birmanns "Blick vom Isteinerklotz rheinaufwärts gegen Basel", um 1819.

Foto: Bundeskunsthalle

Die am 9. September startende Schau "Der Rhein - eine europäische Flussbiografie" dürfte mit 300 Objekten und einer Spannweite von mehreren Tausend Jahren das Highlight 2016 sein. Das LVR-Landesmuseum in Bonn trennt sich zu dem Anlass von einem seiner wichtigsten Exponate: Das Doppelgrab von Oberkassel wandert in die Bundeskunsthalle und eröffnet einen historische Bogen, der bis zu den Weltkriegen und dem Rhein als zentralen EU-Strom reicht.

So international, wie der Rhein hier gedeutet werden soll, so international renommiert ist auch der Ruf der Wuppertaler Tänzerin und Choreografin Pina Bausch (1940-2009), die ab März in der großen Halle der Bundeskunsthalle auf Hanne Darboven folgen wird. Wolfs schwebt eine "performative Art der Vermittlung" vor, er will das Dokumentarische mit dem Tänzerischen verbinden. Mittelpunkt der Schau soll ein Nachbau der Bausch-Probebühne in der Wuppertaler Lichtburg sein, auf der täglich agiert werden soll.

Tanz ist ein Novum im Programm, Fotografie war hier - Herlinde Koelbl ausgenommen - schon lange nicht mehr zu sehen. Wolfs ändert das und zeigt den herausragenden, in London lebenden deutsche Fotografen Juergen Teller (ab Juni), ein ausgezeichneter Künstler an der Schnittstelle zwischen Fashion-Fotografie, Reportage und autonomer Kunst. Mit seiner eigenwilligen, mitunter demonstrativ amateurhaften Fotografie gehört er zur absoluten Spitze der internationalen Szene.

Ins Spitzenfach gehört auch Gregor Schneider aus Mönchengladbach-Rheydt, der mit seinen Psychoräumen immer wieder für Aufregung sorgt. Sein klaustrophobes "Haus ur" bei der Biennale in Venedig, sein Sterbezimmer, sein jüngstes Projekt in der Kölner Halle Kalk haben die Besucher an ihre Angstgrenzen geführt. In Bonn will Wolfs ab Dezember eine "Zusammenfassung räumlicher Strukturen", sprich: eine gebaute Werkretrospektive zeigen. Noch offen ist, welches Werk Schneider exklusiv für Bonn schaffen wird.

Aktuell in Venedig sind in der Biennale-Schau "All the World's Futures" Isa Genzkens spannende Modelle für Außenprojekte zu sehen. In einer erweiterten Form werden sie nach Bonn reisen. Die bildende Kunst, in Wolfs Programm ohnehin sehr dominant, ist auch mit "Attitudes" präsent: Stipendiaten der Ebert-Stiftung stellen sich ab Januar vor. "Touchdown" ist eine Ausstellung mit und über Menschen mit Down-Syndrom, die, initiiert von der "Ohrenkuss"-Chefin Katja de Bragança, Ende Oktober startet. "Artists against Aids", kuratiert von Art-Cologne-Chef Daniel Hug, startet in der kommenden Woche. Zehn Tage später füllen sich die nun leeren Betonwände der Lagerfeld-Ausstellung mit Graffiti und Street Art.

Die klassische Kunst spielt im Programm 2016 auch eine Rolle. Zusammen mit dem Vitra-Museum in Weil am Rhein stemmt die Bundeskunsthalle eine Bauhausausstellung, die einen Bogen bis in die Gegenwart schlagen will (ab April). Und den Sommer über werden die Bonner durch ein Gartenparadies auf dem Dach der Bundeskunsthalle schlendern können. Gefeiert wird Fürst Pückler-Muskau (ab Mitte Mai). Seine legendären Gärten sowie die literarischen Künste werden in einer Ausstellung dokumentiert. Auf dem Dach dann wird man angewandte "Parkomanie" erleben.

Wortkarg blieb Wolfs bei der Aufregerschau des Jahres, der Präsentation der zum Teil unter Raubkunstverdacht stehenden Gurlitt-Sammlung: "Wir sind mittendrin". Termin: Ende 2016.

Bundeskunsthalle: Die Zahlen des Jahres

Nach einem guten Jahr 2013 mit 485.000 Besuchern in der Bundeskunsthalle und dem herben Einbruch auf 352 000 im vergangenen Jahr rechnet die Institution in diesem Jahr mit 420.000 Besuchern.

Die einzelnen Ausstellungen in Zahlen: Überraschung des Jahres war die Lagerfeld-Schau mit 114.000 Modefreunden in Bonn. Erwartungsgemäß zog die 2013 gestartete Weltraum-Ausstellung "Outer Space" insgesamt 131.500 Besucher an (davon 58.800 in diesem Jahr). Herlinde Koelbls Schau "Targets" erreichte nur 7700 Fotofreunde (davon 1800 in diesem Jahr). Ein einigermaßen gutes Ergebnis erzielte die Ausstellung "Hommage an Michelangelo", in der die Wirkung des großen Renaissance-Künstlers Thema war. 72.300 Besucher sahen die Schau. Hätte man einige Originale Michelangelos gezeigt, hätte sich das Ergebnis mutmaßlich vervielfacht.

Traditionell schlechter läuft in der Bundeskunsthalle die Gegenwartskunst. Das war auch 2015 so. Petrit Halilei begeisterte 17.000 Besucher, "Ärger im Paradies" zog 30.600 an, die Kunststudenten holten 5700 Besucher ins Haus. Die seit 11. September laufende exzellente Hanne-Darboven-Ausstellung hat bislang erst 5500 Menschen angelockt, die Impressionisten dagegen hatten in drei Wochen Laufzeit bereits 18.000 Besucher.

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