"Königin der Wüste" Verlust und Vogelgezwitscher

In Werner Herzogs "Königin der Wüste" spielt Nicole Kidman die Archäologin und Entdeckerin Gertrude Bell (1868-1926), die zu Beginn des 20. Jahrhunderts in zahlreichen Expeditionen die Kultur des Nahen Osten erforschte und nach dem Ersten Weltkrieg als Beraterin der britischen Regierung eine wichtige Rolle bei der Neuordnung der Region spielte.

 Sind so süße Löwenbabys: Gertrude Bell (Nicole Kidman) und Robert Pattinson als T. E. Lawrence.

Sind so süße Löwenbabys: Gertrude Bell (Nicole Kidman) und Robert Pattinson als T. E. Lawrence.

Foto: Prokino Filmverleih

Herzog legt seiner schillernden und außergewöhnlichen Protagonistin ein episches Heldinnenporträt zu Füßen, das allzu selbstbewusst auf der Klaviatur großer Abenteuerfilme à la "Lawrence von Arabien" spielt. Letzterer hat in der Gestalt von Robert Pattinson sogar noch ein paar kleine Gastauftritte.

"Bitte schick mich weg von hier", bettelt die junge, abenteuerlustige Gertrude ihren Vater an, und sie landet in der britischen Botschaft in Teheran, wo sie nicht nur Kontakt zur persischen Kultur, sondern auch zu dem charmanten Henry Cardogan (James Franco) aufnimmt, der die Liebe ihres Lebens wird - auch wenn der Vater die Hochzeit verbietet.

Mit einem leichten Augenzwinkern inszeniert Herzog diese höchst romantische Liebesgeschichte in paradiesischen Gärten mit Vogelgezwitscher und allem, was das Herz begehrt.

Der Verlust des Geliebten wird zur Triebfeder der Abenteurerin, die sich keine Vorschriften mehr machen lässt und die Wüstenregionen des Nahen Ostens inmitten eines weltpolitischen Umbruchs erforscht.

Kidman gibt der Figur eine ikonische Größe

Nicole Kidman, die ja schon in Baz Luhrmanns "Australia" Erfahrungen im epischen Kinoformat sammeln konnte, gibt der Figur ikonische Größe. Glaubwürdig wirkt sie jedoch zu keiner Minute, weder als Badende in der Oase noch als Gefangene in arabischen Burglabyrinthen.

Dafür ist Herzogs Regiestil einfach zu selbstverliebt und die Fallhöhe zwischen dem angestrebten, großen Kinoepos und dem Magerformat, das man auf der Leinwand zu sehen bekommt, dann doch zu groß.

Erstmalig stellt Herzog eine Frauenfigur ins Zentrum einer seiner Filme, und man merkt deutlich, dass ihm da das notwendige Gespür fehlt und er in eigenen Stereotypen gefangen ist.

Während er seinen männlichen Helden jede Menge Schweiß und Blut abverlangt, erstarrt sein Frauenporträt im Statuarischen und wird in kleinster Weise der Komplexität der historischen Figur gerecht. Warum er ausgerechnet das politische Engagement Gertrude Bells als nette Nebensächlichkeit behandelt, bleibt ein Rätsel.

Vom Altmeister, der mit gigantomanischen Werken wie "Fitzcarraldo" Filmgeschichte geschrieben hat, hätte man eine weniger konventionelle, vitalere Kino-Biografie erwartet. Kinopolis, Rex, Stern

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