Kammerspiele in Bonn Ursula Grossenbacher hat mit Tschechows "Möwe" Premiere

BONN · Glück? Für die Figuren in Anton Tschechows Stück "Die Möwe" ist das ein Fremdwort. Die gealterte Schauspielerin Arkadina, ihr sich als Schriftsteller versuchender Sohn Trepljow, die sich nach einer großen Bühnenkarriere sehnende Nina und noch einige andere Gestalten auf einem Landgut, sie alle suhlen sich in ihrer eigenen Lebensuntüchtigkeit und ihrem permanenten Scheitern.

 Tschechows Polina: Ursula Grossenbacher.

Tschechows Polina: Ursula Grossenbacher.

Foto: Kölsch

Also gleich einmal depressiv in die neue Schauspiel-Saison des Theater Bonn starten? Ursula Grosssenbacher lacht. "Nein. Es ist vielmehr die Suche nach der Komik in dieser Tragik, die uns reizt", sagt das neueste Ensemble-Mitglied, das in den Kammerspielen als Polina, die Ehefrau des Verwalters Schamrajew und Mutter der rettungslos in Treplow verliebten Mascha, mitten im Geschehen steht. "Das Schlimme ist eigentlich, dass keine der Figuren aus ihrer Haut kann."

Auch Polina nicht, obwohl sie es in einer Szene versucht. Doch sie ist mehr Getriebene denn Macherin - für Grossenbacher, die in den vergangenen zwölf Jahren am Staatstheater Karlsruhe so durchsetzungsstarke Frauen wie Elektra oder Lady Macbeth spielte, eine neue Perspektive.

"Ich liebe so etwas", sagt sie erneut lachend. "Ich habe ja auch Alice im Wunderland gespielt, oder einen König. Wichtig ist mir, dass es starke Setzungen gibt. Nett wäre lediglich langweilig." Und nett ist Tschechow zu seinen Figuren beileibe nicht. "Alle leben und lieben falsch, drehen sich im Kreis", erklärt Dramaturgin Nina Steinhilber. "Dieses völlige Scheitern der Kommunikation kann schon sehr lustig sein."

"Wir hatten auf jeden Fall sehr viel Spaß in den Proben", wirft Grossenbacher mit einem Funkeln in den Augen ein. "Man muss den Text wahrscheinlich wirklich laut hören. Nach der ersten Leseprobe sagte Wolfgang Rüter, das er sich gar nicht mehr daran erinnert habe, wie lustig das Stück eigentlich sei." Ob sich das in der Inszenierung von Sebastian Kreyer auch auf das Publikum überträgt, wird sich zeigen.

Für die wandlungsfähige, lebenslustige Schauspielerin, die sich auf die neuen Erfahrungen in Bonn freut, ist "Die Möwe" ein idealer Einstieg. "In so einem Ensemble-Stück kann man viel beobachten, die Kollegen ebenso kennenlernen wie die Strukturen und sich so langsam einfinden. Jedes Haus ist schließlich anders."

Info

Premiere heute, 19.30 Uhr, in den Kammerspielen. Karten in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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