Alter Plenarsaal in Bonn Und heimlich lauert dort die Larmoyanz

BONN · Auf die Gefahr hin, Lothar Dombrowski zu verärgern - den mitunter gnadenlosen Kritiker unserer Zeit, unverkennbar mit Pomade im Haar, angewidertem Gesichtsausdruck und dem schwarzen Lederhandschuh als Markenzeichen: Aber dies hier wird, dies kann und dies muss sich zu den Lobgesängen gesellen, die nunmehr auf ihn angestimmt werden; jetzt, da er sich anschickt, der "Weltbühne" des deutschsprachigen Kabaretts den Rücken zu kehren.

 Kabarettist Georg Schramm im Bonner Plenarsaal.

Kabarettist Georg Schramm im Bonner Plenarsaal.

Foto: dpa

Für alle, denen das dort oben vielleicht ein wenig zu prätentiös klang: Georg Schramm, dessen Alter Ego bereits erwähnter Dombrowski ist, sagt Adieu. Genau das hat er jetzt auf Einladung von Pantheon-Chef Rainer Pause in dem mit rund 1200 Zuschauern restlos ausverkauften Alten Plenarsaal in Bonn getan.

An seiner Seite: die wackeren Mitstreiter Urban Priol und Jochen Malmsheimer. Also eben das Triumvirat, das aus dem 2007 gestarteten und 2013 überraschend beendeten ZDF-Kabarettformat "Neues aus der Anstalt" ein veritables Vergnügen gemacht hat. Damals und nun wieder: "Die Alten aus der Anstalt. Zur Larmoyanz von Abschiedtouren, Teil 1" heißt der Abend. Oder wahlweise auch "Letzte Gardine - Eine Lederhand packt ein."

Die gehört, wie eingangs konstatiert, Lothar Dombrowski: einem im Zustand fortschreitender Resignation Shakespeare zitierenden Mahner in der Wüste, der sich jegliche Form der Lobhudelei strikt verbeten hatte. Und nun müssen Priol und Malmsheimer sehen, was sie mit dieser Vorgabe anfangen. Wie sie das bewerkstelligen, wäre allein den Eintritt zu dieser vermeintlichen Generalprobe wert gewesen.

Mit hinreißenden Parodien des alternden Helmut Kohl und seiner Ehefrau Nummer zwei, Maike Richter, sowie der Herren Hans-Jochen Vogel, Gerhard Schröder und Franz Müntefering, die den alten Sozialdemokraten August flankieren; eine Figur, die in ihrer liebenswerten Naivität, in der Melancholie des ein Leben lang Über-den-Tisch-Gezogenen ihresgleichen sucht und nach Schramms Abgang auch vergebens suchen wird.

Das hat schon eine Laudatio verdient: wie derzeit allein Malmsheimer sie zu halten weiß. Eine unnachahmliche Melange eruptiver, mitunter ins Cholerische hinüber spielender Vortragsweise und eines Wortschatzes von anno dazumal.

Doch so schön es sei: Unter den Meistern wird fortan einer fehlen. Miro Klose hat bereits quittiert, Georg Schramm folgt.

Info

"Die Alten aus der Anstalt" sind heute, 6. September, von 15.05 bis 16.55 bei "Unterhaltung am Wochenende" auf WDR 5 zu hören, demnächst erscheint dazu eine CD.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Die Stunde der Sieger
Abschluss Deutscher Musikwettbewerb in Bonn Die Stunde der Sieger
Zum Thema
Aus dem Ressort