"Quasi una fantasia" im Beethoven-Haus Überraschende Konfrontation von Alt und Neu

Zeitreisen, aufmüpfige Teenager, eingebildete Showgrößen und ein musikalisches Genie - auch dieses Mal lässt Solveig Palm nichts aus. "Quasi una fantasia" lautet der Titel ihres neuesten Musiktheaterprojektes mit dem Netzwerk Ludwig van B. und wieder ist es ein buntes, schier unerschöpfliches Füllhorn an musikalischen, biografischen und gesellschaftskritischen Zusammenhängen, das die Autorin über dem Publikum ausschüttet. Diese Fantasie muss man erst mal haben.

 Pädagogischer Ansatz: Szene aus "Qausi una Fantasie".

Pädagogischer Ansatz: Szene aus "Qausi una Fantasie".

Palm hat sie ganz offensichtlich, aber ihr Stück ist mehr als ein buntes Sammelsurium aus Fakten und Fiktionen. Es ist der Versuch, dem Genius Ludwig van Beethovens näher zu kommen und ihm gleichzeitig eine aktuelle gesellschaftliche Relevanz zu verleihen - nicht alleine mit dem selektiven Blick eines Kulturjunkies, sondern stets das große Ganze berücksichtigend.

Bis zu einem gewissen Grad bleibt diese Auswahl trotz Palms durch und durch faktengestütztem Ansatz natürlich subjektiv, aber, und darauf kann man sich bei ihr immer verlassen, irgendwas ist immer was dran. Durch die immer wieder überraschende Konfrontation von Alt und Neu, von biografischen wie musikalischen Details und realistischen Spielszenen werden immer wieder neue Facetten ans Tageslicht gefördert.

Eingewoben in die Rahmenhandlung, die aus Jugendlichen bei einer Konzertprobe besteht, erklingen Lieder und Kammermusikwerke Beethovens in den verschiedensten Konstellationen. Die Darsteller sind größtenteils auch die Musiker, eine Doppelbelastung, die sie ausgezeichnet schultern. Das musikalische Niveau an diesem Abend ist sehr hoch, aber durchaus heterogen. Darauf kommt es bei Stücken wie diesen allerdings gar nicht an.

Denn hier wird zuallererst ein pädagogischer Ansatz verfolgt, für die Mitwirkenden ebenso wie für das Publikum. Und diesen Nerv hat Palm mit ihrem Stück voll getroffen. Nicht nur, dass die Handlung stellenweise überaus turbulent und witzig geschrieben ist, die gesellschaftliche Relevanz wird hier ohne pädagogischen oder bildungsbürgerlichen Zeigefinger, also quasi durch die Hintertür eingeführt - man lernt etwas und merkt es erst im Nachhinein.

Regisseur Nikolaus Büchel inszeniert das Ganze den Gegebenheiten im Kammermusiksaal entsprechend mit Witz und Tempo. Insgesamt also ein bunter aber lehrreicher und nicht zuletzt sehr unterhaltsamer Abend, den man sich nicht entgehen lassen sollte.

Weitere Vorstellungen folgen am 27. und 28. Mai.

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