Gastspiel in der Bonner Oper Romeo und Julia im Hip-Hop-Land

Julia träumt von Romeo. Altersgerecht. In ihrem Jungmädchenzimmer, das mit einem Blumenmuster in Lippenstift-Optik dekoriert ist, liegt die 14-Jährige auf dem Bauch und lässt die Unterschenkel verspielt auf und nieder pendeln. Dazu läuft Katy Perrys "Teenage Dream".

 Große Emotionen: Szene aus Rasta Thomas' Choreografie "Romeo and Juliet".

Große Emotionen: Szene aus Rasta Thomas' Choreografie "Romeo and Juliet".

Foto: Manfred H. Vogel

In der Szene davor hat Julias Cousin Tybalt mit den Dienern Samson und Gregorio trainiert und sich total ausgepowert. Zwar zu Musik von Vivaldi, aber im Kraftsport-Studios. Der Klassiker um das Liebespaar, das sich nicht lieben darf, weil beider Familien verfeindet sind, ist im 21. Jahrhundert angekommen.

Rasta Thomas' Ballett-Inszenierung "Romeo and Juliet" verpasst Shakespeare ein gehöriges Update. Was im Untertitel "A Classic Rock Ballet" heißt, gastiert vom 7. bis 12. Juli in der Oper Bonn. Kräftig aufgepeppt mit moderner Musik - unter anderem von The Police, von Lady Gaga oder LMFAO - wird hier ein Spagat versucht. Die Choreografie von Adrienne Canterna, der Co-Direktorin des Ensembles "Bad Boy of Dance", das Thomas 2007 ins Leben rief, mischt klassische Passagen, wie sie in Sergej Prokofjews Ballett "Romeo und Julia" (1938) vorgesehen sind, mit Elementen aus HipHop, Modern Dance und Kampfsport. Das hat schon bei der Show "Rock The Ballet" prima funktioniert, die seit 2013 dreimal durch Deutschland tourte.

In London, wo "Romeo und Juliet" vier Wochen lang auf dem Programm des Peacock Theatres steht, sagt Canterna: "Ich war schon als junges Mädchen verliebt in die Geschichte. Da gibt es, in so kurzer Zeit, so viele Emotionen, die jeder der Charaktere durchläuft. Julia ist sehr unschuldig. Sie ist ein Kind, glaubt aber, sie sei schon erwachsen. Sie sieht sich als Gewinnerin, sie ist trotzig, und meint, ein Recht auf diese Liebe zu haben. Nie würde sie sich als Opfer sehen. Obwohl sie zugleich Romeo total verfallen ist. Teenager sind manchmal sehr unlogisch, sie reflektieren das, was sie tun, nicht." Canterna selbst, inzwischen 32 Jahre alt, tanzt die Julia, und sieht darin keinen Widerspruch: "Ich kann mich noch sehr gut an die Zeit erinnern, als ich selbst ein Teenager war, und wie ich mich damals gefühlt habe."

Die (mit Pause) dreistündige Show, in der die Protagonisten mal als Streetfighter mit Internetanschluss auftreten und mal in höfischen Gewandungen im Stil eines venezianischen Maskenballs, hat klar ein junges Publikum ins Auge gefasst. Deutlich ältere Figuren wie die Mütter von Julia und Romeo sind gestrichen. Grace Buckley (29), die Julias Amme verkörpert, legt diese Rolle eher als die einer Komplizin an: "Die Amme ist nicht nur Julias Aufsichtsperson, sondern auch ihre Freundin. Sie würde alles für sie tun."

Für Romeo-Darsteller Preston Swovelin sind die klassischen Parts eine neue Herausforderung. "Ich bin eher der rhythmische Tanztyp", sagt der 23-Jährige, "aber was mir hilft, ist die Tatsache, dass ich ein hoffnungsloser Romantiker bin. Liebe ist unglaublich stark, sie lässt dich die unmöglichsten Dinge tun." Vor diesem Hintergrund ist der Pas des Deux mit Julia im Prokofjew-Stil ein Klacks. Was schwerer wiegt: die schnelle Aufeinanderfolge der Szenen, die häufig so wirken wie Video-Clips, macht es schwierig, der Handlung zu folgen. Auch wenn die eigentlich bekannt ist. Vorher noch mal das Reklamheft auspacken.

Vorstellungen: 7. bis 12. Juli in der Oper Bonn, Karten in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen

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