"Die Perlenfischer" in der Bonner Oper Rettung fürs Liebespaar in letzter Minute

Wie viel Regie, Bühnenbild und Produktionsaufwand braucht man, um eine exotische Oper in Szene zu setzen? Gar keine, wenn die Handlung so dürftig ist wie bei den "Perlenfischern". Die frühe Oper von Georges Bizet ist prädestiniert für konzertante Aufführungen.

 Hell leuchtender Sopran: Sumi Hwang.

Hell leuchtender Sopran: Sumi Hwang.

Foto: Thilo Beu

Da gibt es keine Palmen, keine künstlichen Klippen und pseudo-orientalisch vermummten Choristen, die vom Reichtum der Musik ablenken könnten. Diesen teilte das Beethoven Orchester Bonn (BOB) unter der Leitung von Johannes Pell bei der Neujahrspremiere in der Bonner Oper freigiebig mit einem begeisterten Publikum.

Der junge Bizet, der noch nicht so weit war, um die Schwächen des Librettos ganz zu überwinden, sorgt gleichwohl mit Leitmotiven, scharfen Rhythmen, Chromatik und Orgelpunkt dafür, dass sie nicht weiter auffallen. "Les Pêcheurs de Perles" hat schon viel von der dichten Atmosphäre und dem schillernden Kolorit, die Bizets spätere Werke unverwechselbar machen. Und wenn auch so mancher dramatische Höhepunkt nur mit wilden Tremoli erreicht wird, so hält doch Johannes Pell am Pult diesen Laden voller merkwürdiger Dinge vorbildlich zusammen. BOB und der von Volkmar Olbrich einstudierte Chor malen eine Reihe von opulent exotischen Klangbildern und beweisen, dass es wirklich ganz und gar nicht immer nur Carmen sein muss.

Auch die Solisten wissen zu überzeugen: Priit Volmer singt den Dorfältesten Nourabad mit vollem schwarzen Bass; Tamás Tarjányis wendiger lyrischer Tenor umschmeichelt die Liebesschwüre des romantischen Helden Nadir. Seine große Arie "Je crois entendre encore" gefällt, wenn auch die Registerwechsel zur Kopfstimme nicht ganz so geschmeidig kommen wie der Rest.

Ein Höhepunkt ist das berühmte Duett "Au Fond du Temple Saint" von Nadir und Perlenfischer-Chef Zurga - auch, weil Evez Abdulla als Zurga seinen ausdrucksstarken Bariton hier nicht so brachial einsetzt wie an anderer Stelle.

Am hellsten leuchtet an diesem Abend der Sopran von Sumi Hwang. Schon bei ihrem ersten Auftritt, als sie in der Rolle der Tempeldienerin Leila mit einem dreifachen, jedes Mal eine kleine Terz höher angestimmten "Je le jure!" ihr Keuschheitsgelübde ablegt, denkt kein Zuhörer daran, wie schnell dieses im nächsten Akt gebrochen wird, sondern genießt einfach nur die in jeder Lage leicht ansprechende Stimme. Mit betörenden Koloraturen und brillanter Höhe meistert Sumi Hwang auch alle weiteren Auftritte und vergoldet sogar das unversehens hereinbrechende, unglaubwürdige lieto fine: Das in letzter Minute gerettete Liebespaar rauscht ab in eine glückliche Zukunft. Man muss auch gönnen können.

Die nächsten Vorstellungen: 24. Januar und 28. Februar. Karten gibt es in den Bonnticket-Shops der GA-Geschäftsstellen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Die Stunde der Sieger
Abschluss Deutscher Musikwettbewerb in Bonn Die Stunde der Sieger
Zum Thema
Aus dem Ressort