Beethoven-Nacht in Bonn Paukenschläge und ein Menuett zur Gratulation

Für Ludwig van Beethoven waren die großen "Akademien" genannten Konzerte in Wien wichtige Ereignisse. Aus Gründen des Renommees ebenso wie aus finanziellen.

Die Wiener erlebten in diesen Akademien regelrechte Mammutkonzerte, wie jenes vom 22. Dezember 1808 im Theater an der Wien, das von 18.30 Uhr bis 22.30 Uhr dauerte und den Zuhörern bei eisiger Kälte, die draußen wie drinnen herrschte, die sechste und fünfte Sinfonie, die Chorfantasie sowie weitere Werke des Komponisten zu Gehör brachte. Zwischen einem der Programmblöcke setzte sich der Meister aus Bonn sogar allein ans Klavier, um die Zuhörer mit einer improvisierten Fantasie zu erfreuen.

Das Beethoven Orchester knüpft an diese Tradition mit seinen langen Beethoven-Nächten an, die alljährlich am 16. Dezember, dem Vorabend von Beethovens Tauftag und damit möglichen Geburtstag des Komponisten über die Bühne gehen. Zwar war nun am Dienstagabend in der Beethovenhalle besser geheizt, auch fiel der Abend in Bonn mit "nur" knapp drei Stunden ein wenig kürzer aus, doch die Grundidee bleibt die gleiche, nämlich viel Musik Beethovens aus verschiedenen Gattungen an einem Abend aufzuführen.

In der fast ausverkauften Beethovenhalle begann Generalmusikdirektor Stefan Blunier mit der Ouvertüre "Zur Namensfeier" op. 115 mit kräftigen Paukenschlägen, schönen Hörnerklängen und feierlichem Ton. Die BeethovenNächte sind eben auch eine schöne Gelegenheit, seltener aufgeführte Werke zu hören. Dazu zählen ebenfalls die beiden Romanzen für Violine und Orchester, die immer ein bisschen im Schatten des Violinkonzertes stehen. Die Geigerin Viviane Hagner spielte sie mit sehr kantablem schlanken Ton, der dem lyrischen Ausdruck insbesondere der melodiösen zweiten Romanze in F-Dur op. 50 gut zu Gesicht stand. Die Zugabe aber übernahm kurioserweise nicht wie üblich die Solistin, sondern Blunier und das Orchester: Aber das "Gratulations-Menuett" WoO 3, ein Gelegenheitswerk aus dem Jahr 1822, passte eben wunderbar zum Konzertanlass.

Doch schon nach der ersten Pause stand Viviane Hagner wieder auf der Bühne, um nun zusammen mit ihrer Schwester, der Pianistin Nicole Hagner, die Sonate für Violine und Klavier in A-Dur op. 47, die "Kreutzer-Sonate", aufzuführen. Ein Werk, dessen Klavierpart kaum minder virtuos ist als die Geigenstimme. Man erlebte hier ein Duo, das perfekt aufeinander eingestimmt ist und sich mit vorwärts drängender Leidenschaft dem Werk annahm. Nach der langsamen Einleitung drückte das Duo aufs Tempo, inspirierte sich gleichsam gegenseitig beim rasenden Figurenwerk ebenso wie in der dramatischen Steigerung der Durchführung . Der Variationssatz ließ Musikerinnen wie Hörer ein wenig Atem schöpfen, bei der Vorstellung des schlichten Themas ebenso wie in den folgenden Variationen. Das Finale ist eine wilde Jagd, die die Schwestern mit größter Brillanz absolvierten. Nach dem Applaus war auch für die Geigerin der Zeitpunkt der Zugabe gekommen: das Scherzo aus der Sonate in c-Moll op. 30,2.

In seiner Konzertaufführung hatte Blunier angemerkt, dass die zweite Sinfonie immer etwas unterschätzt werde. Dass sie sich aber hinter ihren populäreren Geschwistern nicht verstecken muss, erlebte man dank der spannungsgeladenen Interpretation durch das Beethoven Orchester. Unter Bluniers Leitung ließ schon der erste Satz aufmerken, dessen Allegro man tatsächlich "con brio" spielte. Die im Orchester waltende rhythmische Prägnanz machte jeden dynamischen Akzent zum Ereignis. Durch die sorgfältige Artikulation im Larghetto wurde aber auch der feine Beethoven'sche Witz hübsch herausgekitzelt. Der kommt freilich stärker noch im Finale mit seinem leicht zu verstolpernden Anfangsmotiv zum Tragen. Auch hier zeigte sich das Orchester auf der Höhe, verband Leidenschaft und Brillanz zu einer mitreißenden Interpretation dieser Sinfonie. Bravi und begeisterter Applaus waren der Dank.

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