Tanztheater "Go.old" in der Brotfabrik Nichts für Feiglinge

BEUEL · Der Silbersee im Theater- und Konzertpublikum wird ebenso gern wie falsch beschworen. Die Damen und Herren jenseits der Lebensmitte werden zunehmend auch auf den Bühnen aktiv.

 "Go.old": Szene aus Gudrun Wegeners Choreografie "Unbekanntes Land".

"Go.old": Szene aus Gudrun Wegeners Choreografie "Unbekanntes Land".

Foto: Jennifer Zumbusch

Zum Beispiel in der 2011 gegründeten Seniorcompany "Go.old" der Bonner Choreografin Gudrun Wegener. Gleich mit ihrer ersten Produktion "Vom Suchen und Finden" wurde die Tanzamateur-Truppe zum Seniorentheatertreffen NRW "WILDwest" eingeladen. Am Mittwoch präsentierte sie in der ausverkauften Brotfabrik ihre dritte Arbeit.

"Altwerden ist nichts für Feiglinge", erklärte der kürzlich mit 87 Jahren verstorbene Joachim Fuchsberger. Entsprechend mutig erforschen die Golden Girls und Boys "Unbekanntes Land". Die sechzehn Ensemble-Mitglieder (zwölf weiblich, vier männlich, alle zwischen 57 und 75 Jahren alt) genießen die Reise ins "Silberland" mit seinen nicht immer freudigen Überraschungen. Was anfangs wie brave Oldie-Meditationsgymnastik wirkt, entwickelt sich schnell zu einem frechen Spiel mit den körperlichen Gebrechen.

Sehr witzig markieren sie die handgreiflichen Schmerz- und Lustpunkte und versteigern später auch mal einen Herzinfarkt meistbietend gegen Rheuma. Barfuß mit schwarzen Trainings-hosen und bunten T-Shirts reklamieren sie zu einer amüsanten Musikcollage zwischen Goldberg und Rock ihre massive Lebendigkeit. Kostbar sind die Momente, in denen alle ironisch behaupten, viel jünger auszusehen als ihre Erscheinung. Heiter variieren sie das folgende "Oje!".

Aggressive Kampfsportpositionen und leise Alzheimer-Albträume tanzen durchs Hirn und bewegte Leiber. Wenn einer die Hosen runterlässt, ziehen die anderen sie wieder hoch. Wenn jemand ermüdet Anlehnung braucht, sind hilfreiche Arme da, stützen versagende Beine und skurrile Irrläufe. Tänzerisch eher beiläufig, aber spielerisch exakt so leichtfüßig, wie man in einer guten Stunde dem unvermeidlichen Lebensende unverschämt eins aufs Maul geben kann.

Als bewegende Laien-Aufführung schön platziert im Festival "Into the Fields", das die Kommunikation mit den Zuschauern befördert. Im Ballsaal geht es am 30. November weiter mit der - hochprofessionellen - Aufführung "Dancing to the End" des prominenten israelischen Choreografen Nir de Volff, der mit seiner Company "Total Brutal" unverfroren die apokalyptische Leere erkundet.

Karten und weitere Infos unter www.into-the-fields.de

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