Pantheon Casino in Bonn Musikkabarett ist nicht einfach

BONN · Und noch ein Gedicht. Beziehungsweise ein Lied. Oder doch nur wieder ein abstruser vertonter Vierzeiler, dessen Anmoderation deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen hat als dessen Vortrag? Bei Marco Tschirpke kann man das nie so genau wissen.

 Sehr plakativ: Marco Tschirpke im Casino.

Sehr plakativ: Marco Tschirpke im Casino.

Foto: Kölsch

Der Musikkabarettist, der nun mit seinem Programm "Am Pult der Zeit" im Pantheon Casino zu Gast war, spielt mit Erwartungen, bricht sie permanent (letztlich die einzige Konstante des Abends) und springt dabei genüsslich von einem Themensplitter zum nächsten. Frauenquote, Piercings, Pferde und Stefanie Hertel: Tschirpke hat zu allem was zu reimen, immer eines seiner so genannten Lapsuslieder im Repertoire. Auf einen roten Faden verzichtet er bei dieser Wanderung durch den Wald der Fragmente allerdings - und lässt damit vielleicht nicht sich selbst, aber zumindest das Publikum orientierungslos zurück.

Statt Würze enthalten seine Miniaturen oft nur plakative Reime und musikalische Floskeln, die dem 39-Jährigen nur bedingt gerecht werden. Denn der kann mehr. Wenn er sich den Raum gibt, um sich zu entfalten und nicht, wie bei der vielversprechenden Interpretation von "Monk's Theme", nach wenigen Sekunden abbricht und eine Kehrtwende zu Handy-Klingeltönen macht, entsteht tatsächlich gute Satire. Thomas Kölsch

"Sind außer mir noch Ostdeutsche hier? Arm hoch? Vielleicht mal den linken?" Das mit der Selbstironie ist also schon einmal gut justiert, und Lars Redlich benötigt im Pantheon Casino auch keinerlei Anlauf, um zu punkten. Das Siegel "Musikkabarett" wäre für das erste Soloprogramm "Lars but not least" des smarten Entertainers zwar ein wenig zu hoch gegriffen, aber nette Musicomedy ist das allemal. Dass dem Ganzen ein paar Ecken und Kanten nicht abträglich wären, sei hier bloß am Rande bemerkt.

Mit großer Musikalität wandelt Redlich bekannte Songs um und widmet den Schmuse-Oldie "Mandy" einer gleichnamigen Sonnenbank-Grazie aus Sachsen, und in einem sentimentalen Rückblick auf die Schulzeit mischen sich Spuren von "Perfekte Welle" (Juli), "Hero" (Enrique Iglesias), "Dein ist mein ganzes Herz" (Heinz Rudolf Kunze) und "Über sieben Brücken musst du geh'n" (Karat).

Mit diesen trittsicheren Adaptionen bewegt er sich sowohl gesanglich als auch in den fließend ineinander übergehenden Arrangements weit über dem Durchschnitt. Sein erstaunliches Frauenpower-Medley, darin etwa Shirley Bassey und Whitney Houston, ist ebenso punktgenau intoniert wie eine eigene Ballade über einen Abend mit der Ex und derem Neuen.

Und was dabei herauskommt, wenn man die eingedeutschte Version der "Lady In Black" von Uriah Heep dem Übersetzungsprogramm einer bekannten Internet-Suchmaschine überlässt, offenbart sich in launigen Textzeilen um Zahnschmerz aufgrund von Marzipanverzehr. Hagen Haas

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