Kleinen Theater Bad Godesberg Musikalischer Abend: "Einfach Marlene"

Nimm dich in acht vor blonden Frauen", warnte einst Marlene Dietrich. Im Kleinen Theater Bad Godesberg beschwören gleich zwei Blondinen den Mythos der unsterblichen Diva.

 "Einfach Marlene": (von links) Ursula Wüsthof, Fabienne Hesse und Hermann Friedrich.

"Einfach Marlene": (von links) Ursula Wüsthof, Fabienne Hesse und Hermann Friedrich.

Foto: KT

Das Schöne daran ist: Sie bleiben dabei immer Fabienne Hesse und Ursula Wüsthof, die "Einfach Marlene" spielen. Der musikalische Abend von Hagen Jablonski, wie das Stück im Untertitel heißt, bringt nicht den Star selbst auf die Bühne wie das bekannte Musical von Pam Gems, sondern Facetten einer bewunderten Figur.

In die Klaviertasten greift dazu Hermann Friedrich, der mit pianistischem Witz allen Allüren der Damen Paroli bietet (er wirkt auch als Schauspieler mit) und ihre Stimmen charmant auf Händen trägt. Dass er nur ihr am Ende der Show die roten Rosen zu überreichen hat, schärft ihm Wüsthof nervtötend ein. Im eleganten weißen Hosenanzug (Kostüme: Dejan Radulovic) verkörpert sie mit rauer Sprechgesangstimme die ältere Marlene, die bekanntlich selbst für die Blumen nach ihren Auftritten sorgte und kein Staubkörnchen in ihrer Umgebung ertrug.

Mit ihrem Putzfimmel nervt sie die jüngere Gefährtin, die sie mal wie eine Untergebene abfertigt und mal wie eine Geliebte auf den Mund küsst: "Wenn die beste Freundin..." - gewiss auch eine Rivalin ist, hilft nur noch eins: "Heute Abend, da such ich mir was aus...". Den benötigten Mann darf das Publikum mitsingen und später auch beim "heiteren Filmeraten" mitmachen, was zu den hübschen kleinen Späßen der Inszenierung von Stefan Krause gehört, der auch die Bühnensituation zwischen Backstage und großem Auftritt entworfen hat. Einen feschen Auftritt hat die stimmlich und körperlich wohlproportionierte Fabienne Hesse mit Zylinder, Frack und viel Bein in kurzen Höschen als jüngere Marlene.

Die stürmische Liebesbeziehung mit Erich Maria Remarque wird in der Anekdoten-Collage ebenso herbeizitiert wie die Affären mit Jean Gabin und anderen Größen ihrer bewegten Vergangenheit. Der Schwerpunkt liegt auf ihrem politischen und sozialen Engagement im Zweiten Weltkrieg und auf ihrer Rückkehr als amerikanische Staatsbürgerin nach Europa. In Deutschland noch um 1960 als "Vaterlandsverräterin" angefeindet, als Hollywood-Filmstar und androgyne Song-Ikone mit irritierendem Sex-Appeal gefeiert.

Als leicht zäher "running gag" fungiert ihre Freund-/Feindschaft mit Hildegard Knef, was aber angesichts des blonden Gifts von Fabi und Ulli (so reden sie sich an, wenn sie nicht gerade so tun, als ob sie Marlene wären) nicht weiter ins Gewicht fällt. Dafür sind sie aber die beiden konkurrierenden Identitäten eines Weltstars, der als blauer Engel, nach den Prozessen von Nürnberg und dem Rückzug nach Paris immer einen Koffer in Berlin behielt.

Dass die 1901 in Schöneberg geborene Künstlerin ihren Mythos zum Warenzeichen und nicht zum Heiligenschein machte, hat Heiner Müller in seinem Nachruf 1992 gesagt. "Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, würde ich die gleichen Fehler machen. Aber ein bisschen früher, damit ich mehr davon habe", gestand die alte Dietrich. Genauso lebenslustig und lebenswütig erscheint sie in der gut anderthalbstündigen Vorstellung (inklusive Pause) von "Einfach Marlene". Dass es nach dem unvermeidlichen Ohrwurm "Sag mir, wo die Blumen sind" rote Rosen gab, wenn auch nicht regnete, war ordentlich verdient.

Bis zum 14.Oktober fast täglich. Karten: (0228) 36 28 39.

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