Für mehr Jugendarbeit in Bonn Missionarin im Dienst der Klassik

BONN · Bonn hat große Pläne: Der 250. Geburtstag Beethovens im Jahr 2020 wirft seine Schatten voraus, das geplante Festspielhaus soll vor allem mit Blick auf dieses Jubiläum jetzt endlich realisiert werden.

 In einem der Räume des Kunstmuseums spielt sich ein junger Musiker für den Wettbewerb Beethoven Bonnensis warm.

In einem der Räume des Kunstmuseums spielt sich ein junger Musiker für den Wettbewerb Beethoven Bonnensis warm.

Foto: Thomas Kölsch

Große Orchester sollen spielen, die Stadt als Kultur-Metropole gesehen werden, trotz all der derzeit laufenden Spardiskussionen. Doch ausgerechnet in der Nachwuchsarbeit zeigen sich nach Ansicht von Solveig Palm, Initiatorin des Netzwerks Ludwig van B., große Lücken. "Die Teilnehmerzahlen in klassischen Schulorchestern und Ensembles sind rückläufig, weil durch den Nachmittagsunterricht kaum Zeit für gemeinsames Musizieren bleibt.

Und auch bei Wettbewerben wie ,Jugend musiziert' finden sich immer weniger Musiker aus unserer Stadt", sagt Palm. Und weiter: "Die paar bestehenden Schüler-Klangkörper können das nicht kompensieren, zumal die Politik das Steuer in eine andere Richtung dreht. Kein Wunder, dass 85 Prozent der 20-jährigen Bonner noch nie in einem klassischen Konzert waren."

Daher fordert sie mehr als nur ein vollmundiges Bekenntnis der Politik zur Jugendförderung. "Nachwuchsarbeit darf vor allem in einer sich ernst nehmenden Beethovenstadt kein Feigenblatt sein", sagt Palm - und führt in einem Diskussionspapier Ansätze auf, die ihrer Meinung nach mittelfristig zu einer Sensibilisierung für Musik führen könnten.

Dabei ist Solveig Palm bewusst, dass es mehr gibt als nur Beethoven oder auch als die Klassik. "Das ist aber eben jener Bereich, für den ich mich zuständig fühle", erklärt sie zugleich, "außerdem geht es mir darum, dass jeder Mensch einmal mit der Klassik in Berührung kommt und sich dann wissentlich entscheiden kann, ob ihn das interessiert. Das geht nur mit großen Visionen: Sie müssen einen Missionseifer haben und auf 100 Prozent schielen, um wenigstens zwei Prozent zu erreichen." Den hat die leidenschaftlich engagierte dreifache Mutter in der Tat: Einige ihrer Ideen wie etwa der Aufbau eines Musikgymnasiums oder die Installierung eines Musikstudiums an der Universität Bonn klingen zunächst einmal wie Wunschträume, die schon allein aus finanziellen Gründen kaum zu stemmen sind.

Doch Palm versteht zu überzeugen: "Eigentlich geht es eher um den Umbau von bestehenden Strukturen und um die Bündelung von Ressourcen. Zum Beispiel existiert ja am Gymnasium in Tannenbusch schon eine Musikklasse. Das ist ein löblicher Ansatz, aber da geht noch mehr." In Berlin gebe es zum Beispiel das Musikgymnasium Carl Philipp Emanuel Bach, das gezielt Qualität fördere. "Und wenn wir uns wirklich als Beethovenstadt verstehen wollen, sollten wir uns überlegen, ob wir nicht eine ähnliche Richtung einschlagen", meint Palm. Auch eine Akademie zur Begabtenförderung oder zumindest eine deutlichere Profilbildung bei der hiesigen Musikschule könnten Optionen sein.

Doch schon kleine Schritte würden sich bezahlt machen, sagt Palm. Immerhin gilt es, Begeisterung an der Musik zu wecken: "Zum Beispiel finde ich, dass das Bonner Jugendsinfonieorchester, das derzeit wirklich auf einem hohen Niveau spielt, stärker gefördert werden sollte, damit es Bonn auch über die Stadtgrenzen hinaus vertreten und internationale Kontakte knüpfen kann. Wir brauchen das - schon alleine deswegen, weil immer von Nachhaltigkeit die Rede ist." Wenn man vermitteln wolle, warum es noch einen Wert habe, ein Festspielhaus oder ein Orchester zu haben, müsse man bei den kommenden Generationen ansetzen.

"Es darf nicht allein um Denkmalpflege gehen." Der im Rahmen der Festspielhauses-Thematik angedachte Beethoven-Campus könnte ein Ansatzpunkt sein. Wenn er denn mehr sei als nur ein Lippenbekenntnis. Klar ist für Palm: So ein Konzept kostet Kraft. Und letztlich auch Geld. Doch das sollte es Bonn wert sein, bekräftigt sie. Vor allem mit Blick auf das Erbe Beethovens. "Es sagt schon viel über unsere Gesellschaft aus, wenn wir es nicht mehr für nötig halten, uns für unsere Kultur noch anzustrengen."

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