Paul-Clemen-Museum der Universität Michelangelos Sklaven in Bonn

Bonn · Wer in der Michelangelo-Ausstellung der Bundeskunsthalle die Gipsabgüsse der beiden Sklaven für das Grabmal Papst Julius' II. gesehen hat, wird sich wohl kaum ihrer Faszination entziehen - obwohl sie doch "nur" aus Gips sind.

 Blick in die Ausstellung: Links der Gipsabguss eines Sklaven.

Blick in die Ausstellung: Links der Gipsabguss eines Sklaven.

Foto: Uni

Denn auch ihnen gelingt es, die Großartigkeit der im Louvre bewahrten Originale zu vermitteln, wie sie sich gleichsam von den Resten des Marmorblocks, aus dem Zustand des non finito zu befreien versuchen, wie sie eben darum noch das Ringen des Bildhauers um Vollendung erahnen lassen.

Eben diese beiden überlebensgroßen Figuren, darüber hinaus Abgüsse der Pietà Rondanini und des (nicht endgültig identifizierten) Apollo/David sind jetzt als Geschenk der Kunsthalle in das Kunsthistorische Institut der Universität Bonn "umgezogen". Dort nehmen sie in der soeben von Prof. Georg Satzinger feierlich eröffneten Italienischen Abteilung des 2013 gegründeten Paul-Clemen-Museums einen prominenten Platz ein und bereichern als "Stars" die durch Kriegszerstörung dezimierte Sammlung.

Auch mit Abgüssen seiner markanten Reliefkunst - etwa der Kentaurenschlacht oder des Tondo Pitti und des Tondo Taddei - ist Michelanglo vertreten. Doch tauchen noch andere große Namen der italienischen Renaissance - Donatello, Lorenzo Ghiberti, Andrea del Verrocchio - in dieser wieder belebten Sammlung auf. Gemeinsam ist ihnen nicht nur ihre museale Bedeutung als Meisterwerke der Bildhauerkunst, sondern auch ihre Funktion als Objekte der kunsthistorischen Lehre im Sinne des vergleichenden Sehens, schließlich als "Modelle" der Künstlerausbildung. Denn sie erlauben anders als Fotografien das Studium der Dreidimensionalität, der Beschaffenheit von Reliefs und der Oberflächenbehandlung; nicht selten - und das gilt in besonderem Maße für die Gipssammlung im benachbarten Akademischen Kunstmuseum - überliefern sie ältere, durch Verwitterung oder Umwelteinflüsse verlorene Erhaltungszustände.

Die Wertschätzung von Gipsabgüssen war über die Jahrhunderte durchaus Schwankungen unterworfen. Während der Epoche des Klassizismus - Goethe etwa besaß einen gipsernen Kolossalkopf der Juno Ludovisi - erfreuten sie sich besonderer Beliebtheit. In jüngster Zeit haben sie eine Renaissance erlebt. Zuweilen, beispielsweise in der mit Bonner Gipsen bestückten Oberhausener Ausstellung "Der schöne Schein", wird ihnen sogar der Rang autonomer Kunstwerke zugestanden.

Ganz offensichtlich ist die Sammlung des Paul-Clemen-Museums auf einem guten Weg, wenngleich etliche Gipse noch auf ihre Restaurierung warten müssen und Neuerwerbungen von Spenden abhängen. Die Finanzierung eines Reliefs von Jacopo Sansovino, einer antikisch anmutenden "Sacra Conversazione", ist gerade gesichert. Die "Madonna mit stehendem Kind" von Andrea del Verrocchio wird nicht restauriert. Sie trägt exemplarisch und eindrucksvoll zur Schau, welche Spuren der Krieg hinterlassen hat. Brandspuren überdecken den weißen Gips.

Paul-Clemen-Museum des Kunsthistorischen Instituts der Universität Bonn, Regina-Pacis-Weg 1, Mo bis Do 8 bis 20 , Fr 8 bis 19 Uhr

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