Konstantin Wecker gastiert in Bonn "Meine Kraft kommt aus dem Publikum"

bonn · Der Liedermacher Konstantin Wecker über Wut und Zärtlichkeit. Am Samstag, 17. November, 20 Uhr, tritt er in der Bonner Beethovenhalle auf.

 "Die Wut kommt von ganz alleine": Der deutsche Liedermacher Konstantin Wecker.

"Die Wut kommt von ganz alleine": Der deutsche Liedermacher Konstantin Wecker.

Foto: Thomas Karsten

Nur nicht aufregen" - ein derartiger Rat wäre bei Konstantin Wecker fehl am Platz. Der Zorn über gesellschaftliche und politische Missstände und das Anprangern selbiger gehört zur Essenz des wahrscheinlich politischsten deutschen Liedermachers, der derzeit mit seiner aktuellen Tournee "Wut und Zärtlichkeit" in der gesamten Bundesrepublik unterwegs ist. Am 17. November kommt er nach Bonn.

"Die Wut kommt von ganz alleine", erzählt er am Telefon, "dafür muss ich nur die Nachrichten lesen." Vor allem die Finanzkrise treibt ihn um, die Sparzwänge für Italien, Portugal oder Griechenland, die immer die Falschen treffen und die Länder im Würgegriff halten.

"Ich kann die Menschen verstehen, die da auf die Straße gehen", sagt Wecker, der vor einigen Monaten selbst in Athen war und sich mit den Griechen solidarisierte. "Immer diese Privatisierungen. Das hört wahrscheinlich erst auf, wenn die Akropolis die Empfangshalle der Deutschen Bank geworden ist", empört er sich. Jetzt ist die Wut da, hörbar brodelnd. Keine Frage: Konstantin Wecker ist auch mit 65 nicht leiser geworden.

Also alles beim Alten? Mitnichten. "Menschen müssen sich verändern, um sich selber treu zu sein", singt Wecker in "Wut und Zärtlichkeit". Und treu ist er sich geblieben. "Ich glaube noch immer an meine Ideen - aber ich nehme mich selbst nicht mehr ganz so ernst", gesteht Wecker. "Und ich erkenne meine Fehler, von denen ich viele gemacht habe." Wie er das so sagt, klingt das nicht nach einer Floskel, sondern nach einer Überzeugung: Mit ein Grund, warum seine Fans ihn auch in schwierigen Zeiten nicht im Stich gelassen haben.

Doch auch die ruhigen Seiten des Lebens kann Wecker genießen. Woher bezieht er nur diese Zärtlichkeit, die in seinem Programm als Gegenpol zur Wut agiert? "Die muss man sich erarbeiten, man muss sich zu einem Liebenden entwickeln." Rilke hilft, dessen Gedichte Wecker zuletzt eingelesen hat. Auch Spaziergänge in der winterlichen Toskana, wo der Liedermacher ausspannt von dem anstrengenden Tourleben mit weit über 100 Konzerten im Jahr.

Und dann ist da noch das Verhältnis zum Publikum: "Das ist schon etwas besonderes. Wenn ich auf der Bühne stehe und etwa tausend Leute vor mir sehe, die ähnlicher Meinung sind wie ich, die ähnliche Sehnsüchte und Hoffnungen haben, werde ich schon rührselig, empfinde Zärtlichkeit", erklärt Wecker. "Einen Großteil meiner Kraft und Energie beziehe ich von meinem Publikum."

Die braucht er auch, denn das ständige Reisen von einem Konzertsaal zum anderen fordert seinen Tribut. Doch während andere mit 65 in Rente gehen, ist bei Konstantin Wecker noch kein Ende in Sicht. "Ich könnte mir das auch gar nicht leisten - ich habe mir mal ausrechnen lassen, dass ich 190 Euro Rente kriegen würde", sagt er.

Und warum auch aufhören, wenn es am Schönsten ist? "Ich habe derzeit das Privileg, machen zu können was ich will, Musik von Schubert bis Hardrock - und es kommt an, das Publikum ist vom neuen Album begeistert. Das ist toll. Andere Künstler spielen in meinem Alter nur noch ihre alten Hits."

Zwar dürften es gerne ein paar Konzerte weniger sein, gibt Wecker zu. "Aber ganz ohne Auftritte würde ich mich wahrscheinlich unglaublich langweilen."

So wie Dieter Hildebrandt, der auch mit 85 Jahren noch überaus aktiv ist. "Das macht mir Mut", sagt Wecker, der inzwischen ebenso wie der Altkabarettist vom Bonner Pantheon offiziell für "Reif und bekloppt" befunden wurde. "Als ich zum ersten Mal den Namen dieses Sonderpreises hörte, habe ich gedacht, die wollten mich veräppeln. Aber dann habe ich darüber nachgedacht - und wer nach 40 Jahren auf der Bühne immer noch hofft, die Welt verändern zu können, muss wohl bekloppt sein." Möglich. Aber immerhin nicht entmutigt.

Konzert am Samstag, 17. November, 20 Uhr, in der Beethovenhalle. Karten in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen und bei bonnticket.de

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