Bernhard Helmich Lob und Tadel nach den Angriffen gegen OB-Nimptsch

BONN · Nach dem ungewohnt heftigen Angriff des Generalintendanten Bernhard Helmich auf seinen Dienstherrn, OB Jürgen Nimptsch, ist die Stadt offensichtlich bemüht, die Wogen zu glätten. "Der Oberbürgermeister prüft den Vorgang", mehr war offiziell nicht zu erfahren.

Kein Wort zu disziplinarrechtlichen Folgen - immerhin hatte Helmich seinen Chef, den OB, einen "einsamen Sektierer auf einem sinnlosen Kreuzzug" genannt und ihm "Kulturfeindlichkeit" und "billigsten Populismus" vorgeworfen.

Kein Wort der Stadt aber auch zu möglichen Folgen für die Bonner Kulturpolitik. Völlig offen bleibt, welche Konsequenzen aus Nimptschs Stellungnahme, wonach in der Kultur längst nicht so viel gespart werde, wie es gesamthaushaltstechnisch geboten sei und eine gesicherte Kulturfinanzierung ab 2018 zudem in Gefahr sei, zu ziehen sind.

"Wir müssen auch bei den Einsparungen im Kulturbereich einen Weg finden, der die Bonner Situation berücksichtigt", sagte Stadtpressesprecherin Monika Hörig auf Anfrage, "oberstes Ziel ist es, ein gutes kulturelles Angebot zu erhalten. Für konkrete Aussagen zu den Auswirkungen ist es noch zu früh."

Bernhard Helmich selbst zeigte sich furchtlos und reagierte amüsiert auf die Frage, ob er denn schon Post aus dem Rathaus bekommen habe, einen "Blauen Brief" etwa. Helmich rechnet nicht mit Konsequenzen wegen seiner Angriffe: "Ich gehe nicht davon aus, dass etwas passiert."

Auch vor weiteren Einschnitten in den Theateretat - die das Papier des OB zumindest als Konsequenz realistisch erscheinen lässt - fürchtet er sich nicht: Nimptsch habe dafür gar keine politische Mehrheit im Rat. In der Bonner Politik traf Helmichs Vorstoß auf viel Verständnis, wenn nicht sogar auf vollste Zustimmung. Insbesondere die schwarz-grünen Koalitionäre sehen Nimptsch letztlich als Verursacher der Eskalation.

Die abzubauen, hat sich Kulturdezernent Martin Schumacher, der Helmichs Attacke für wenig geschickt hält, zur Aufgabe gemacht: "Ich werde alles daran setzen, die beiden Herren wieder zusammenzubringen", sagte er. "Wir haben das Ziel, 2020 als Beethovenstadt Bonn mit guten Strukturen und Programmen zu überzeugen." Was Nimptschs Opernfusionspläne betrifft, geht Schumacher aber in Opposition zu seinem Chef: "Wie im Kulturkonzept schon erwähnt, bin ich der Meinung, dass die Beethovenstadt Bonn ein Dreispartenhaus braucht."

Unterdessen geht die Suche nach fehlenden Millionen Euro in der Statistik der Kulturverwaltung unbefriedigend in die nächste Runde. Am vergangenen Freitag hatten wir eine Grafik zu den Kulturzuschüssen gezeigt, die - aus Zahlenmaterial der Kulturverwaltung gespeist - eine Diskrepanz zwischen den addierten Gesamtbeträgen pro Jahr und der Summe der Einzelpositionen aufwies. Die Bitte um Erläuterung, etwa durch Amtsleiter Hans-Jakob Häuser, blieb unberücksichtigt.

Schumacher räumt ein, es sei "alles sehr, sehr kompliziert". Zumindest aber die von Nimptsch ins Feld geführten alarmierenden Zahlen eines explosionsartigen Anstiegs des Zuschusses für die Bonner Kultur bis 2017 um 4,4 Millionen Euro scheinen geklärt. Es handelt sich zum Teil um Landesmittel für das Haus der Bildung in Höhe von drei Millionen Euro, die zwar in den Kulturhaushalt fließen, dann aber vom Kämmerer fürs Gebäudemanagement abgezogen werden.

Das sagen die Fraktionen

Markus Schuck, CDU: "Wenn der Intendant ständig durch Nimptsch brüskiert wird, kann man schon verstehen, dass Helmich so scharf reagiert. Die ständige Propaganda des OB bringt die Bonner Oper in Verruf. Es ist ein Alleingang - der Rat steht geschlossen hinter Helmich. Der OB muss auf den Intendanten zugehen. Er riskiert Arbeitsplätze im Bonner Theater."

Wolfgang Hürter, SPD: "Es ist schon eine kritische Situation, wenn die Koalition in Helmich-Manier auf den OB einschlägt. Helmich hat sich gewaltig im Ton vergriffen. Ich gehe aber nicht davon aus, dass das Tischtuch zwischen Nimptsch und Helmich zerschnitten ist. Wir selbst haben einen Dissens mit Nimptsch, denn wir halten eine Opernfusion für unrealistisch. Insgesamt müssen wir nach intelligenten Spar-Wegen suchen."

Tom Schmidt, Grüne: "Es sind harte Formulierungen, aber sie treffen den Kern. Alle paar Wochen konfrontiert Nimptsch Helmich mit Sparvorgaben. Man kann die Leute nicht mitnehmen ohne Perspektive. Was Nimptsch jetzt gebracht hat, ist eine Steigerung zu dem, was er vorher getan hat - ohne Rücksicht auf Verluste. Es ist bezeichnend, dass der OB dabei völlig alleine dasteht.

Wilfried Löbach, FDP: "Zwischen Helmich und Nimptsch war ein Graben. Der ist jetzt tiefer geworden. Kaum in Bonn angetreten, wurde ihm alles schon madig gemacht. Helmich sollte seine Positionen im Kulturausschuss erläutern. Nimptsch konzentriert sich in seinem Papier auf das Kerngeschäft Beethoven, Schumann und Macke. Sprechtheater und Oper spielen keine Rolle."

Bernhard Smolarz, Piratenpartei. "Die Bonner Piraten rufen die Vertreter der sogenannten Hochkultur auf, ihren Thron zu verlassen und sich den Realitäten des Lebens zu stellen. Die fetten Jahre sind vorbei."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort