Literatur-Reihe im Kunstmuseum Lars Brandt: Kunst ist Kunst - was sonst?

BONN · Voller Erfolg für den Start der neuen Literaturreihe im Kunstmuseum. Rund 180 Zuhörer drängten sich im Baselitz-Raum, um zwei unveröffentlichten Erzählungen von Lars Brandt zu lauschen.

 Eloquenter Erzähler: Lars Brandt im Kunstmuseum.

Eloquenter Erzähler: Lars Brandt im Kunstmuseum.

Foto: Franz Fischer

In drangvoller Enge erfuhr man von der Melancholie des Künstlers, der im Moment des Erfolgs und beim Anblick seiner Kunst in einer Genueser Galerie zum Zweifler wird: "Trotzdem hatte er in ihrer Gegenwart das Gefühl, keine Luft zu bekommen. Zu wenig. Er ertrug die Welt dieser großartigen Zeichnungen nicht mehr."

Und: "Er selbst sah vor sich strahlende Gewächse des Versagens, platte Täuschungsversuche, der Not abgetrotzt." Brandts Erzählung "Am Boden", deren Stimmung zwischen Larmoyanz und existenzieller Verzweiflung oszilliert und vom Risiko des Kunstschaffenden berichtet, ist ein feines, witziges, hintergründiges und sehr poetisches Stück Literatur.

"Atlant", den zweiten Text des Abends, hat Brandt extra für dieses Haus, für diesen Baselitz-Saal geschrieben. Es ist eine zugleich glühende wie skeptische Liebeserklärung an den Denk-, Erfahrungs- und Emotionsraum Museum - aus der Perspektive des Museumswärters, der länger und intensiver als jeder Besucher oder andere Museumsmitarbeiter Kontakt zu den Bildern hat, die in seiner Obhut sind. Und er hat Zeit, fast ohne Ende.

Brandt lässt ihn sinnieren, sich in Gedankenschleifen verlieren, lässt ihn beobachten, an der Museumspädagogik verzweifeln, die meint, die Kunst entstehe im Kopf. "Das ist natürlich Blödsinn. Ein Bild benötigt zu seiner Existenz niemanden, der es ansieht."

Klar, dass Kunstmuseums-Intendant Stephan Berg nach Brandts brillanter Erzählung da Einspruch erhob, er, der "die Berührung zwischen Betrachter und Kunst" als essenziell erachtet.

Auf einer Linie mit Brandts Museumswärter ist Berg jedoch, wenn dieser Ad Reinhardt zitiert: "Kunst ist Kunst, und alles andere ist alles andere." In diesem Satz stecke die "Freiheit der Kunst, ihre Unverfügbarkeit", sagte Berg, aber auch das Risiko der Unzugänglichkeit. Kein Problem für Brandt, der es ganz in Ordnung findet, wenn sich ein Bild nicht jedem offenbart: "Man kann nicht erwarten, dass es sich einem sofort an den Hals wirft."

Zwei wunderbare Erzählungen, ein offener, engagierter und kluger Dialog - nach dieser tollen Literatur-Premiere bleibt nur ein Wunsch: Mehr davon!

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