Ausstellung im Bonner Frauenmuseum Komplexer Spannungsbogen

Unter der Überschrift "Projektionsfläche Haut" entfesselt Marlen Seubert eine brillante Inszenierung ihrer grundlegenden und aktuellen Werkschwerpunkte. Die in vier Räumen beherbergten Installationen stehen im Zeichen eines dialektisch, kontrovers und offensiv bestimmten Werkansatzes.

 Suggestive Materialsprache: Werke von Marlen Seubert.

Suggestive Materialsprache: Werke von Marlen Seubert.

Foto: zu Mecklenburg

Der komplexe Spannungsbogen von ästhetisch ausgefeilten Skulpturen, seriellen Objekten, expressiven Schwarz-Weiß-Fotografien oder Materialcollagen und insgesamt experimentellen Assemblagen aus dem Zeitraum 1989-2015 bewegt sich etwa zwischen: Himmel und Hölle, Gut und Böse, Leben und Tod, Licht und Schatten; das zwischen Dramatik, Ballade und Kontemplation angesiedelte Gesamtambiente verspannt vornehmlich soziale, ("Straßenstrich Spanien"), politische (Thema Kirchenstaat) wie auch existenziell psychologische und spirituell mystische Auslotungen (Assemblage: "Gib uns unser täglich Brot", Wandobjektserie "Seelen"). Leitmotive eines weiblich geeichten Blickwinkels sind beispielsweise: Enge, Bedrängnis, Bedrohung, Stagnation und Freiheit, Bewegung oder Macht, Brutalität und Sensibilität.

Im Depot einer vakanten Lampenfabrik sichtet das bislang auf Wegwerfmaterialien eingeschworene Nachwuchstalent nach einem abgeschlossenen Doppelstudium (Werkkunstschule, FH Gestaltung, Würzburg) per Zufall jenen unkonventionellen Werkstoff, der fortan zum Wahrzeichen der nunmehr siebzigjährigen Künstlerin mutiert.

Der Entdeckung und Verarbeitung von Lämmerdärmen, (genutzt für die Herstellung von Lampenschirmen) folgt das Ausschöpfen von Metzger- und Schlachthofmaterialien (Schweinedärme, Kuheuter, Herz- und Goldschlägerhäutchen, Rindermägen) und damit eine nicht nur mühselige Prozedur des Entschlackens, Aufweichens, der Präparierung, Veredelung und Metamorphose.

Aus unzähligen Knoten, Knüpfungen oder Umschlingungen (von Draht, Stahl) entstehen eindringliche Figurenserien ("Tanz und Tod"), netzartige Gewebe, versponnene oder klar umrissene Silhouetten wie etwa die von käfig- und korsettverwandten Konstruktionen oder eine Mitra. Pigmente, Acryl, Lack Gips, Mullbinden, Tusche ergänzen eine suggestive Materialsprache, die tief unter die Haut geht.

0 Frauenmuseum, Im Krausfeld 10, bis 11. Oktober. Di-Sa 14 bis 18 Uhr, So 11 bis 18 Uhr.

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