Generalmusikdirektor für Bonn Jun Märkl im Wartestand

BONN · Gibt es möglicherweise noch noch ein Happy End bei der Suche nach einem neuen Generalmusikdirektor für Bonn? Die am späten Montagabend von Bonns Kulturdezernent Martin Schumacher per Pressemitteilung verkündete Absetzung des Verfahrens musste nicht zwingend erfolgen.

Zumal nur einer der Kandidaten, nämlich Marc Piollet, seine Kandidatur zurückgezogen hat. Der in München geborene deutsch-japanische Dirigent Jun Märkl steht, wie aus zuverlässigen Kreisen zu erfahren war, weiterhin zur Verfügung, die Nachfolge von Stefan Blunier als GMD anzutreten.

Mittlerweile sollen erste Vermittlungsgespräche zwischen Bonns Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch und dem Beethoven Orchester eingeleitet worden sein, nachdem die Orchestermitglieder ihn brieflich um Hilfe gebeten hatten.

In der Politik hält man sich bei der Bewertung der Vorgänge derzeit noch zurück. Lediglich der Bürger Bund Bonn (BBB) hat sich gestern mit einer Stellungnahme zu Wort gemeldet. Die Fraktion hat bereits am Montagabend eine Sondersitzung des Kulturausschusses zum Thema Nachfolge des GMD beantragt.

Sie soll unmittelbar nach Pfingsten stattfinden. Philipp Bender, Vertreter des BBB im Kulturausschuss, sagte: "Der Kulturausschuss muss als zuständiges Gremium über den aktuellen Sachstand und das beabsichtigte weitere Vorgehen dringend informiert werden."

Der Bürger Bund sieht die Verantwortung für den Eklat um die GMD-Nachfolge beim Kulturdezernenten Martin Schumacher. Johannes Schott, Stadtverordneter und kulturpolitischer Sprecher der BBB-Fraktion: "Herr Schumacher hat es nicht hinbekommen, in dem Verfahren zu moderieren und die Sorgen und Wünsche des Beethovenorchesters angemessen aufzugreifen. Stattdessen wollte er mit der Brechstange einen Wunschkandidaten durchsetzen. So darf man nicht mit den Mitgliedern eines renommierten Berufsorchesters umgehen. Die Damen und Herren des Beethovenorchesters haben aus ihrer täglichen beruflichen Arbeit sicher mehr Erfahrung, welche fachlichen und menschlichen Anforderungen an einen Orchester-Chef zu stellen sind, als ein Kulturdezernent. Für uns trägt daher Herr Schumacher die persönliche Verantwortung für die jüngsten Eskalationen."

Durch den Rückzug von Marc Piollet eröffne sich nun die Chance, kurzfristig zu einer mit dem Orchester übereinstimmenden Entscheidung durch den Rat zu kommen, heißt es in der Erklärung weiter. Will heißen: Man stünde einer Berufung Jun Märkls nicht im Wege.

Schumacher hätte den französischen Dirigenten Piollet als Kandidat nach dem 98-Prozent-Votum der Musiker ohnehin politisch nur schwer als GMD installieren können. Darauf hatte bereits vor dem Rückzug Piollets am Montag der kulturpolitische Sprecher der Linksfraktion, Jürgen Repschläger, hingewiesen.

Er sagte: "Es wäre Irrsinn, einen Kandidaten gegen ein solch klares Ergebnis durchsetzen zu wollen. Wir können in der aktuell schwierigen kulturpolitischen Situation alles gebrauchen, nur keinen Missklang zwischen Orchester und GMD."

Tatsächlich wäre der Rat der Stadt in der unbequemen Situation gewesen, in der Abstimmung, die eigentlich für den kommenden Monat geplant war, entweder das Orchester oder die beiden Bonner Intendanten und Findungskommissionsmitglieder Nike Wagner und Bernhard Helmich zu brüskieren. Dieser Zwickmühle ist die Politik in Bonn immerhin entkommen.

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