Oper in Bonn John Dew inszeniert "La Cage aux Folles"

BONN · Sie habe ihn neun Monate getragen, klärt Varieté-Besitzer Georges seinen Lebenspartner Albin über die Mutter seines 24-jährigen Sohnes Jean-Michel auf. "Ach", erwidert sein Lebensgefährte trotzig, "ich hätte es in acht geschafft!"

 Nur mit dem Herzen sieht man gut: Szene aus "Ein Käfig voller Narren".

Nur mit dem Herzen sieht man gut: Szene aus "Ein Käfig voller Narren".

Foto: Thilo Beu

Das ist so ein typischer Dialog aus dem Musical "La Cage aux Folles" (Ein Käfig voller Narren), der am Donnerstagabend eine vom Publikum umjubelte Premiere in der Bonner Oper feierte. Der Broadway-Klassiker von Jerry Herman (Musik und Gesangstexte) und Harvey Fierstein (Buch) ist immer noch beste Unterhaltung, gerade weil sich unter der schrillbunten Verpackung ein ernstes Anliegen verbirgt.

Es geht schließlich um Homosexualität und den Umgang mit ihr in einer konservativen Gesellschaft, die im Stück als erzreaktionärer Politiker Edouard Dindon Fleisch gewordene Gegenwart wird. Auf der einen Seite stöckelt Albin, der als Dragqueen Zaza der Star in Georges' Etablissement "La Cage aux Folles" ist, selbstbewusst und erhobenen Hauptes, flankiert von den Damen und Herren Tänzerinnen, den glitzernden Cagelles, durch seine Welt; auf der anderen Seite schwebt Dindons Ankündigung, solchen Varietés den Garaus zu machen, wie ein Damoklesschwert über dem Vergnügungsviertel von St. Tropez.

Was um so bedrohlicher erscheint, als der Politiker Georges' Schwiegervater in spe ist und nebst Gattin seinen Besuch bei Jean-Michels Familie angekündigt hat. Im Glauben natürlich, eine brave, bürgerliche Familie anzutreffen. Eine Illusion, die Georges nicht enttäuschen möchte.

Das Musical bietet einem Regisseur mit seiner bizarren Geschichte und den vielen Revue-Elementen jede Menge Steilvorlagen, um daraus eine bunte, schrille und rasend komische Show zu machen. John Dew aber, der das Musical auch bereits in seiner früheren Wirkungsstätte in Darmstadt auf die Bühne gebracht hat, nimmt die Bälle eher behutsam an.

In Bonn tendiert der "Käfig voller Narren" streckenweise zum Kammerspiel. Bezeichnend ist etwa, dass Dew die Rolle des Jacob, Albins Diener, persönlicher Assistent und immer ein Garant für gute Laune, komplett gestrichen hat. Das bremst natürlich auch die komödiantischen Möglichkeiten von Mark Weigel (Georges) und Dirk Weiler (Albin/Zaza) ein wenig aus.

Weigel ist ein jugendlich wirkender Vater, darstellerisch und stimmlich eine sichere Bank für die Aufführung. Weiler macht in diversen Fummeln bella figura und balanciert gekonnt auf dem schmalen Grat zwischen Komik und Melancholie. Sein "Ich bin, was ich bin" berührt, auch wenn er über keine große Musical-Stimme verfügt, die man an diesem Abend insgesamt ein wenig vermisste.

Angelo Canonico (Jean-Michel), Léonie Thoms (Anne) und Inken Lorenzen (Jacqueline) liefern achtbare Leistungen ab, für darstellerische Höhepunkte sorgen indes Franz Nagler und Barbara Teuber, die ihre Rollen als Edouard und Marie Dindon mit der nötigen Portion Brachialhumor versehen. Bis hin zum Finale, wo beide in grellroten Cabaret-Kostümen die Showtreppe hinabsteigen: sie gekonnt, er ein wenig ungelenk, auf hohen Absätzen um Gleichgewicht ringend.

Das Finale ist dann tatsächlich der visuelle Höhepunkt des Abends. Heinz Balthes (Bühne) und José-Manuel Vazquez beleben die Szene mit reichlich Glitzer und Glamour, die Cagelles funkeln und formen ihre Federfächer noch einmal zu einem übergroßen, kitschig rosa Herzen, für das es schon zuvor Szenenapplaus gegeben hatte (Choreografie Julio Viera Medina). Aus dem Orchestergraben, der mit der von Jürgen Grimm geleiteten Band eher licht besetzt war, hätte man sich nicht erst hier mehr Volumen und Biss gewünscht.

Info

Die nächsten Vorstellungen: 13. September, 5. und 17. Oktober, weitere Aufführungen bis April 2015. Karten in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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