Péter Esterházy zu Gast auf der Literaturbühne Tannenbusch "Jedes gute Buch hat ein Geheimnis"
Péter Esterházy hält nicht viel von kurzen Inhaltsangaben. "Man kann Bücher nicht zusammenfassen. Das lohnt nicht", sagt er im Familienzentrum Sankt Paulus.
Philipp Seehausen von der Buchhandlung am Paulusplatz hat den ungarischen Schriftsteller auf die frisch ausgerufene, künftig wandernde "Literaturbühne Tannenbusch" eingeladen, um den jüngsten Streich, Esterházys "Mantel-und-Degen-Version" vorzustellen. Ohne Inhaltsangabe. Zunächst berichtet der von starkem Schnupfen gepeinigte Erfolgsautor, der 1950 in Budapest geboren wurde und 2004 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt, jedoch vom Alltag eines schreibenden Intellektuellen zu Zeiten der Diktatur Ungarns - mit feinem Humor.
"Man konnte darüber schreiben, dass man nicht über alles schreiben konnte." Und nicht wenige Bücher seien derart mit Bedacht verfasst worden, die Botschaften zwischen den Zeilen zu platzieren, dass sie nach dem Fall des Eisernen Vorhangs ihren Reiz eingebüßt hätten: "Sie lebten bloß von dem, was zwischen den Zeilen stand. Als nur noch die Zeilen übrig blieben, taugten die alleine nichts mehr."
Womit wir bei einem wesentlichen Merkmal in Esterházys Definition für wertvolle Literatur angelangt wären: "Jedes gute Buch hat ein Geheimnis." Das wiederum geleitet zu seiner "Mantel-und-Degen-Version", einem etwas chiffrierten Lesevergnügen. Das fängt bei der eigenwilligen (doppelten) Nummerierung der Seiten an: "Was eine Seite ist, bestimme ich. Was 100 ist, bestimme ich auch", sagt Esterházy mit köstlich selbstironischer Chuzpe. "Schließlich habe ich Mathematik studiert."
In der nostalgischen Rätselpackung mit quietschenden Kutschen und Spionage im 17. Jahrhundert wimmelt es außerdem nur so von Fußnoten, die gleichsam ein Buch im Buch sind. Der Roman erfordert also schon eine gewisse Konzentration, auch wenn Esterházy einräumt: "Ich will eigentlich keine Hindernisse zwischen mich und den Leser stellen. Das wäre nämlich dumm."
Péter Esterházy: Die Mantel-und-Degen-Version. Hanser Berlin, 239 S., 19,90 Euro. Die nächsten Gäste auf der Literaturbühne Tannenbusch: Penny McLean (10.4) und Klaus Modick (21.4.)