Beethovenfest-Chefin Ilona Schmiel wird Intendantin der Tonhalle in Zürich

BONN · Die Intendantin des Bonner Beethovenfestes, Ilona Schmiel, verlässt Bonn. Sie wechselt nach Zürich, wo sie ab August 2014 die Intendanz der Tonhalle-Gesellschaft mit Konzertsaal und Orchester übernehmen wird.

Schmiel tritt die Nachfolge von Elmar Weingarten an. Die 1967 in Hannover geborene Konzertmanagerin ist seit 2004 Intendantin des Beethovenfestes in Bonn. Sie hat das Festival in dieser Zeit zu internationaler Reputation geführt, namhafte Internationale Orchester und Solisten nach Bonn geholt und Akzente in der Nachwuchsförderung gesetzt.

Schmiel gab auf Nachfrage ihre persönliche Lebensplanung als Begründung für den Schritt an. Im Bonner Rathaus wollte man die Personalie am Dienstag noch nicht kommentieren. Kulturdezernent Martin Schumacher will sich erst nach dem offiziellen Termin am Freitag äußern.

Gleichzeitig mit dem Intendanten scheidet 2014 auch der langjährige musikalische Chef des Tonhalle Orchesters, David Zinman, aus. Nachfolger wird der erst 26-jährige Franzose Lionel Bringuier. Die Zürcher Tonhalle gilt als renommiertes Konzerthaus. Ab Sommer 2016 soll das 1895 erbaute Haus für 80 Millionen Franken (96 Millionen Euro) saniert werden.

Das Tonhalle Orchester Zürich hat vor einigen Jahren unter der Leitung seines Dirigenten David Zinman eine der meist beachteten Beethoven-Gesamteinspielungen des noch sehr jungen 21. Jahrhunderts auf den Markt gebracht. Zum Beethovenfest eingeladen wurde das Orchester jedoch bislang nicht.

Doch offenbar nimmt man das in der Schweizer Metropole nicht persönlich. Für nächsten Freitag hat die Tonhalle-Gesellschaft, zu der neben dem Orchester auch der Konzertsaal gehört, zu einer Pressekonferenz eingeladen, in der Beethovenfest-Chefin Ilona Schmiel als neue Intendantin der Tonhalle-Gesellschaft vorgestellt wird. Zugleich soll auch der junge, erst 26 Jahre alte Dirigent Lionel Bringuier als Nachfolger des scheidenden David Zinman präsentiert werden.

Die Personalie war bis Dienstagmittag noch nicht offiziell von der Tonhalle bekanntgegeben worden, aber das Management hatte im Vorfeld des Termins wohl versehentlich für kurze Zeit Presse-Material zu Schmiel ins Netz gestellt. Am späteren Nachmittag zog man offenbar als Reaktion auf die Presse-Recherchen mit einer um die Namen Schmiel und Bringuier ergänzte Einladungen zur Pressekonferenz nach.

Bereits ab August 2014 wird Schmiel demnach in Doppelfunktion die Geschäfte des Tonhalle-Orchesters führen und für die etwa 130 Konzerte verantwortlich sein, die in der Tonhalle veranstaltet werden.

Ilona Schmiel bestätigte am Dienstag den Wechsel. "Ich habe Bonn viel zu verdanken", sagte die 45-Jährige dem General-Anzeiger. Ausschlaggebend für ihren Entschluss sei die persönliche Lebensplanung gewesen. Eine der größten Aufgaben in naher Zukunft wird es sein, das Konzertwesen Zürichs während der Sanierung der Tonhalle zu organisieren, die von Sommer 2016 bis Herbst 2017 vorgesehen ist.

Dass die Schweizer hier keine halben Sachen machen, darauf deutet das Budget von 80 Millionen Franken (67 Millionen Euro) hin. Kleine Ironie am Rande: Es ist genau die Summe, für die man in Bonn ein Festspielhaus bauen möchte.

Dass Schmiel eines Tages Bonn verlassen würde, ist nicht wirklich überraschend. Immer wieder war ihr Name mit überregional wichtigen Konzerthäusern oder Festivals in Verbindung gebracht worden. Zuletzt war sie als Intendantin des Schleswig-Holstein Musikfestivals im Gespräch. Bonn trifft der bevorstehende Weggang Schmiels dennoch einigermaßen heftig.

Die Suche nach einer geeigneten Nachfolge muss sozusagen aus dem Stand erledigt werden. Unabhängig davon, ob Schmiel fürs Beethovenfest 2014 noch zur Verfügung stehen wird oder nicht, sollte spätestens im Sommer 2014 eine neue Festivalleitung ihr Büro beziehen.

Eine schnelle Nachfolge drängt auch deshalb, weil die Vorbereitungen zum Beethovenjahr 2020 in Angriff genommen werden müssen. Ilona Schmiel ist zudem eine erklärte Befürworterin der Festspielhaus-Idee. Mit ihr verliert die Initiative für einen Neubau eine wichtige Stimme.

Bonns Kulturdezernent Martin Schumacher wollte sich zum Wechsel der Beethovenfest-Intendantin in die Schweiz noch nicht äußern. Wohl erst am Freitag ist mit einer Kommentierung aus dem Bonner Rathaus zu rechnen.

Seit 2004 leitet die 1967 in Hannover geborene Musikmanagerin das Beethovenfest. In diesen Jahren hat sie die durch ihren Vorgänger Franz Willnauer gelegten Strukturen kontinuierlich weiterentwickelt und zudem deutliche eigene Akzente gesetzt. Dazu zählen neben dem hohen Niveau bei den Sinfonie- und Kammermusikkonzerten auch der Mut zum Experiment.

Etwa die Etablierung der langen Konzertnacht, die in diesem Jahr John Cage gewidmet war. Oder auch das breite Angebot für den Nachwuchs, wie etwa das Schülermanager-Programm.

Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal ist die enge Zusammenarbeit mit dem venezolanischen Sistema, das bislang mit drei unterschiedlichen Orchestern beim Beethovenfest gastierte. Schmiel war die erste Festival-Chefin, die den Sistema-Zögling und heutigen Dirigenten-Superstar Gustavo Dudamel engagierte. Ihr neuer Partner, Dirigent Lionel Bringuier, kennt Dudamel ebenfalls sehr gut.

Ilona Schmiels Stellvertreter Helmut Pojunke hat sich ebenfalls eine neue Existenz aufgebaut. Im Internet stellt er sich mit seiner Frau Daniela May als Gastgeber eines in der Vulkaneifel gelegenen Seminar- und Gästehauses vor: "Daniela May und Helmut Pojunke haben viele Jahre lang in München, Hamburg, Bremen und Bonn im Kulturmanagement gearbeitet, bevor sie mit Haus Königssee in der Eifel ihren Traum vom eigenen Seminar- und Gästehaus wahrgemacht haben", heißt es da lapidar.

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