Lena Meyer-Landruts viertes Album Himmel und Helium

Hallo, ich bin Lena, ich bin 18 und komme aus Hannover." Am 2. Februar 2010 waren diese Informationen fürs Fernsehpublikum von ProSieben noch nötig. Ein paar Monate später kannte ganz Deutschland die junge Frau mit den Amélie-Augen. Lena Meyer-Landrut hatte mit "Satellite" den Eurovision Song Contest in Oslo gewonnen.

 Lena: "Ich wollte es diesmal elektronischer".

Lena: "Ich wollte es diesmal elektronischer".

Ihr Sieg wurde als Triumph einer lässigen, unbekümmerten Persönlichkeit über die kalte Professionalität des Pop- und Casting-Geschäfts empfunden. Die Kanzlerin übermittelte Glückwünsche, Bundespräsident Horst Köhler gab zu, mit Lena mitgefiebert zu haben.

Lena blieb nicht 18, veränderte sich und musste mit dem Liebesverlust vieler früherer Bewunderer fertig werden. "Was ist aus unserem Bild der lustig verstrahlten Abiturientin geworden, die sich bewegte wie eine Enkelin Joe Cockers?", fragte der "Spiegel"-Autor Thomas Tuma bereits 2011.

"Der Grat ist schmal geworden zwischen Koketterie und Affektiertheit, zwischen Selbstbewusstsein und Zickigkeit, zwischen Naivität und Nervigkeit." Mittlerweile ist die Sängerin 23 und hat ein neues Album, ihr viertes, veröffentlicht: "Crystal Sky" (Universal). Dass sie nicht mehr "everybody's darling" ist, nimmt sie gelassener als früher: "Ich fucke mich da nicht mega drüber ab." Vor einigen Jahren hat sie sich ein Zitat von Edith Piaf auf den Knöchel tätowieren lassen: "Je ne regrette rien." Sie bereut nichts und würde auch hinnehmen, wenn das neue Album floppen sollte.

14 Songs hat Lena mit namhaften Produzenten und Songschreibern wie Jonny Coffer und Kat Vinter aufgenommen. Zugespitzt ausgedrückt: Sie hat einen Song 14 Mal eingespielt, von "The Girl" bis "Home" klingt alles verwechselbar. Der Sound ist ein Amalgam aus elektronischen, basslastigen, experimentellen und tanzbaren Versatzstücken. Über den Clubsounds, Dubstep-Elementen und computergenerierten Retroeffekten liegt eine Stimme wie auf Helium. Viele Songs, sagt Lena, kommen "aus meiner Seele heraus und entsprechen dem, was ich gerade fühle". Warum klingt "Crystal Sky" dann nur so seelenlos, kalkuliert und künstlich? Auf ein Stück wie "Taken By A Stranger" (2011) wartet man vergeblich. Von Gefahr war in dem melodielosen, aus elektronischen Klangbausteinen raffiniert konstruierten Song die Rede - und von Verführung.

Das Lied von Stefan Raab und Reinhard Schaub erzählte eine spannende, anspielungsreiche Geschichte. Lenas "Crystal Sky" ist leer und ohne Leben.

Lena: Crystal Sky. Universal. Am Dienstag, 27. Oktober, tritt Lena im Kölner Gloria auf.

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