Kabarett in Bonn Gregor Pallast mit tollem Pantheon-Debüt

Bonn · Sozialkunde- und Biologie-Lehrer Gregor Pallast zieht in seinem ersten großen Kabarett-Programm einen Berufswechsel in Betracht.

Berater! Das wär's! Berater haben es leicht: Sie verdienen das Äquivalent zu mehreren Tonnen Äpfeln innerhalb von zwei Stunden dafür, dass sie anderen Menschen erklären, wie die eben jenes Obst vom Baum pflücken müssen. Und da ihr Publikum in der Regel auch noch zuhören will, haben diese Experten es leichter als Pädagogen.

Also wagt es auch Sozialkunde- und Biologie-Lehrer Gregor Pallast in seinem ersten großen Kabarett-Programm, einen Berufswechsel in Betracht zu ziehen. Mit den Wählern hat er auch schon die richtige Zielgruppe: Sie ist groß, zweifelt regelmäßig an den eigenen Entscheidungen und ist beeinflussbar. Passt. Oder würde passen, wenn Pallast nicht so ehrlich wäre: "Ihr Kreuz ist eigentlich ohne Bedeutung", sagt er bei der Premiere von "Verwählt" im Pantheon Casino. Und führt zwei Stunden lang aus, wo das Problem liegt.

Es ist ein beachtliches Debüt, das der 36-jährige Bonner präsentiert: Satirisch, mitunter sogar richtig böse, mit einem exzellenten Spannungsbogen und vor allem dem Mut, auch mal für ein paar Minuten ohne Lacher auszukommen. Denn statt eines Gag-Gewitters setzt Pallast auf Erklärstücke, die zum Mit- und Nachdenken anregen, auf tiefer gehende Analysen statt auf Oberflächlichkeiten. I

hm geht es nicht um einen entspannten, sondern um einen aufklärenden Abend samt dem ein oder anderen Aha-Moment, etwa wenn die Bundesrepublik als Kapitalgesellschaft entlarvt wird, in der ein Politiker nur dann gut ist, wenn er trotz vieler Worte nichts sagt und sich kategorisch dem Eindruck erwehren kann, kompetent zu sein. Ein Experte aus dem Volke, das in der Schule ohnehin nicht mehr Wissen ansammelt, sondern nur noch Suchbegriffe für Wikipedia. "Demokratie im Endstadium" nennt Pallast das. Und hat damit leider recht.

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