Theaterpremiere in der Ermekeilkaserne Gott zu sein ist auch nicht leicht

Bonn · Ein ungewöhnlicher Ort für eine Theaterinszenierung - die Ermekeilkaserne in der Bonner Südstadt, ehemaliges Verteidigungsministerium der Bundesrepublik Deutschland. Verwunderlich, aber auch erfreulich, dass die Flure und Räume heute durch den Jugendclub des Theaters Bonn besetzt sind. Titel der Inszenierung: "Am Anfang war das Chaos".

 Originell kostümiertes Chaos: Charlotte Heße.

Originell kostümiertes Chaos: Charlotte Heße.

Foto: Thilo Beu

Am Eingang steht der Liebesgott Amor in roter Uniform und empfängt uns freundlich. Bevor wir das Gebäude betreten drückt er jedem noch eine Münze in die Hand, jede in einer anderen Farbe. In der Eingangshalle werden wir sofort von bleichgesichtigen Wesen empfangen und umgeben, die nicht von dieser Welt scheinen.

Es sind alles Götter und Geschöpfe aus der griechischen Mythologie und Sagenwelt. Es herrscht ein ziemliches Getümmel: Zwei Göttinnen halten uns als Begrüßung Getränke aus einer roten, glibberigen Substanz entgegen. Hermes fährt auf Rollschuhen durch den Saal und bietet verschiedene Waren aus seinem Einkaufswagen an. Ein bisschen chaotisch ist es hier schon und auch unheimlich. Es ist nicht mehr ganz klar, in welcher Zeit und an welchem Ort wir uns befinden.

Die Zuschauer werden in Gruppen eingeteilt: Ich komme zu Charon, dem düsteren Fährmann, der uns direkt ins Reich von Hades, dem Herrscher der Unterwelt, bringt. Wir werden durch lange labyrinthartige Gänge geführt, vorbei an leerstehenden, verlassenen Räumen und erreichen das Reich von Hades. Am Eingang treffen wir auf die Rachegöttinnen Erinnyen, zwei bleiche Gestalten, die wie Putzkräfte gekleidet sind und unaufhörlich um uns herum fegen. Sie sind die Gewissensbisse in Person.

Mit stechenden Fragen wie "Was machst du hier, bereust du, solltest du nicht woanders sein?" wollen sie unser Gewissen auf die Probe stellen. Auf Charons Anweisung, nun alle Hoffnung loszulassen, betrete ich Hades Raum. Dort ist es, wie in der Unterwelt nicht anders zu erwarten, sehr dunkel. Im Schein eines schwachen Lichts klärt uns Hades über das unausweichliche Schicksal auf, das allen bevorsteht: für die einen ist es das Elysium, die "Insel der Seligen", die anderen erwartet die Bestrafung in den verschiedensten Formen. Doch bevor das Schlimmste eintreten kann, ermutigt uns Persepone, Hades Gefangene im Schattenreich, von diesem Ort zu fliehen, bevor es zu spät ist.

Auf unserem Weg kommen wir an vielen Göttern vorbei, die von ihren Sorgen und ihrem Schicksal berichten. Wie etwa beim überarbeiteten Meeresgott Poseidon, der sich beschwert, dass seine Berechnungen durch den vielen Plastikmüll in den Ozeanen erschwert und seine Beschwerden nicht ernst genommen werden.

Am Ende stellt man fest, dass die Götter- und Menschenwelt nicht unbedingt so weit auseinander liegen. So ist es oft harte Arbeit, schön zu sein, meint Aphrodite, weil man ständig darauf achten muss, dünn genug zu sein. Auch die Götter stellen sich Fragen wie wir: Was ist mein Ziel? Wo bin ich verwurzelt? Bist du schuld? Bin ich bereit zu lieben? Bin ich schön? Habe ich Angst vor dir oder vor mir? Folgen wir unserer Bestimmung?

Die Begleitung des Publikums bei ihrer der Reise in die griechische Götterwelt ist dem jungen Theaterensemble mit hervorragender schauspielerischen Leistung, Koordination und beeindruckenden Kostümen äußerst gut gelungen.

Weitere Vorstellungen: 23. und 25. Juni. Karten gibt es in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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