Rahmenprogramm zum Stetten-Preis Glanz und Elend der tschechischen Kunstszene

Wer kann schon von sich behaupten, die Kunstszene der östlichen Nachbarländer Deutschlands zu kennen? Einem breiteren Publikum sind die Avantgarde- Künstler der 20er und 30er Jahre des letzten Jahrhunderts durchaus bekannt.

 Witz und Humor: Pierre Richard 2013 in Moskau.

Witz und Humor: Pierre Richard 2013 in Moskau.

Foto: dpa

Aber wie arbeitet die junge Künstlerszene heute in der Tschechischen Republik? Ist Prag der einzige Hotspot für Kunst und Kunstinteressierte, oder bündeln sich auch andernorts künstlerische Kräfte? Verfügt die Tschechische Republik über ein Fördersystem, das junge Künstler unterstützt und Gegenwartskunst protegiert?

Als Teil des Begleitprogramms der aktuellen Wechselausstellung "Dorothea von Stetten-Kunstpreis - Junge Kunst aus Tschechien" hat sich am Mittwochabend eine Expertenrunde mit dem Journalisten und Kunstkritiker Michael Köhler als Moderator im Kunstmuseum zusammengefunden, um über diese Fragen zu diskutieren.

Gleich zu Beginn der Gesprächsrunde waren sich die Diskutanten einig, dass Prag das Hauptzentrum für Kunst und Kultur in der Tschechischen Republik darstellt. Karel Císar, Kunsttheoretiker und Kurator, verwies aber auch auf Grenzregionen zu Österreich, Slowenien und Polen, die durch ihre geografische Lage von einem kulturellen Austausch mit den Nachbarländern profitieren. Die wichtigste öffentliche Institution im Kunstbereich ist die Nationalgalerie in Prag, deren Sammlung bis in die Gegenwartskunst reicht. Junge tschechische Künstler finden in diese Hallen allerdings kaum Einzug. Für sie sei es äußert schwierig sich sowohl national als auch international künstlerisch zu etablieren, so Kacha Kastner, Prager Galeristin.

Kunstkritikerin Noemi Smolik, die über exzellente Kontakte in die tschechische Kunstszene verfügt und mit ihren Wortbeiträgen der Diskussion immer wieder die nötige Schärfe gab, führte das auf die schlechten strukturellen Rahmenbedingungen in Tschechien zurück, die eine aktive Förderung junger Künstler nicht ermöglichen.

Die Politik bemühe sich seit Jahren um Reformen in der Wirtschaft, das Kulturresort hingegenbliebe bei seinen veralteten und verkrusteten Strukturen, so Smolik. Außerdem sei das Interesse an zeitgenössischer Kunst in Tschechien eher gering, so Kastner. Lieber investieren Interessenten in international bekannte Künstler der Avantgarde als in Gegenwartskünstler.

Adéla Babanová, tschechische Künstlerin und Teilnehmerin am diesjährigen Kunstpreis, erwies sich für die Gesprächsrunde als absoluter Gewinn. Durch ihre offene Art gewährte sie dem Publikum einen ehrlichen Einblick in die Arbeit einer jungen Künstlerin. Eine Arbeit habe sie bisher nicht verkauft, sie mache Kunst für sich, auch wenn es bedeute, ohne jedwede Förderung ihre aufwendigen Filmproduktionen selbst zu finanzieren, so Babanová.

Kunstmuseum Bonn; noch bis Sonntag. Zur Finissage: Performance in der Installation von Eva Kot'átková

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