Galerie Radicke Fallstudien eines Künstlers

SANKT AUGUSTIN · Das Aroma der Exklusivität schwängert bereits den Treppenabsatz: von tiefschwarzen Wänden setzen sich großformatige Papierarbeiten von prominenter Herkunft ab.

 Georg Baselitz' Werk "Falle" bei Radicke.

Georg Baselitz' Werk "Falle" bei Radicke.

Foto: Franz Fischer

Hier gewinnt Markus Lüpertz dem Genre Aktzeichnung verblüffende Sichtweisen ab, dort überfällt Georg Baselitz den Besucher mit Rätsel aufgebenden Überkreuzungen von Skizze und Abstraktion.

In der schwarzen Souterraingalerie verdichtet sich alsdann der Eindruck einer extravaganten Klausurtagung, die sich mit der Zukunft des Mediums Zeichnung und mit innovativen Entwicklungsmöglichkeiten der Druckgrafik auseinandersetzt. Die illustre Besetzung des kontroversen Teams setzt sich fort mit Per Kirkeby und Jonathan Meese, der den sonst besonnenen Charakter der Studioausstellung pointiert aufwirbelt durch Rebellionen etwa zu Kulturbetrieb, Kunstszene, Künstlertum.

Zu begutachten sind gleichsam fettgedruckte, Pamphlet-ähnliche Abrechnungen (Radierung), teils komprimiert zu porträtähnlichen Arrangements, teils gebündelt zu pseudologischen Diagrammen, durchsetzt mit Leitmotiven wie Malteser- oder - im Falle Meeses nicht verwunderlich - Hakenkreuz oder dem Schriftzitat "Meese".

Eine leisere Form der Irritation verbirgt hinter jenem geistreichen Varietee (Farbradierungen), wo Lüpertz die obere Anatomiepartie seines spärlich skizzierten Aktmodells durch den Anblick einer Schildkröte ersetzt. Es geht, ähnlich wie in den Fallstudien von Baselitz um das Austesten von Kollisionen, Spannungsverhältnissen von Formen, Strukturen und der verändernden Wirkkraft von Farbtupfern.

In oft dunkelgründigen Holzschnitten und Aquatinta Arbeiten ergründet derweil Baselitz den Organismus, das Wandlungs- und Aussagepotenzial von Motiven wie "Norweger" (Kopfstand-Porträt/Strichätzung) oder eines privaten Mythos, bezeichnet als "Chigago", " Der Hirte" oder "Falle". Ein expressives Highlight liefert die Szene "Brennendes Haus". Mit parallel gesetzten Vertikalgebilden entfesselt unterdessen Kirkeby ein morphologisches Spektrum, wo Anklänge an Baumarchitekturen mitschwingen. Dieses minimalistische Motivkontingent weitet sich gelegentlich zu landschaftlichen Anmutungen.

Galerie Radicke, Eisenachstr. 33, Sankt Augustin, bis 30. Januar 2015. Öffnungszeiten jederzeit nach Vereinbarung unter: 0 22 41/ 33 57 73

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