Star Wars VII Ein Fall für philosophische Debatten

Eine Ultra-Hightech-Zivilisation, bevölkert von einem Haufen mönchshafter Esoteriker. Das kann nur "Star Wars" sein. Für Tomas Sedlacek, Chefökonom der tschechischen Handelsbank und Professor für Wirtschaftsgeschichte und Philosophie in Prag, ist dieser Widerspruch ein "köstlicher Witz".

 Daisey Ridley und John Boyega im neuen "Star Wars"-Film.

Daisey Ridley und John Boyega im neuen "Star Wars"-Film.

Foto: Disney/Lucasfilm

Entworfen in den fortschrittsgläubigen 70er Jahren beschreibe George Lucas' sechsteilige Weltraumsaga - deren Fortsetzung Mitte Dezember ins Kino kommt - "ein Zeitalter der naturwissenschaftlich grundierten Hochtechnologie, dessen Gurus und Helden aber vor allem auf Gefühle setzen ("spüre die Macht") und ihre größte Stärke nicht etwa aus ihrer Körperkraft beziehen, sondern aus ihrem Glauben". Darth Vader, Meister Yoda und Obi-Wan-Kenobi diagnostizieren beim "Star Wars"-Helden Luke Skywalker immer wieder Glaubenskrisen, die letztlich das Universum erschüttern.

Sedlacek schlägt einen Bogen zu unserer Gegenwart: "Unser System, so technokratisch es auch scheint, basiert wie jedes ideologische oder religiöse System auf dem Glauben". Der mangelnde Glaube an die Macht des Marktes etwa habe, so konservative und neoliberale Stimmen, erst zum Zusammenbruch 2008 geführt. "Unser Glauben an unsere Modelle, unsere Vorhersagen oder Prophezeiungen ist entweder zu schwach oder zu stark. Beides macht uns blind."

Sedlaceks von "Star Wars" ausgehender Analyse unserer Gesellschaft kann man unter dem Titel "Der Glaube versetzt Sterne" in der Sonderausgabe des in Berlin erscheinenden Philosophie-Magazins folgen, ein pralles und äußerst lesenswertes Heft rund um "Star Wars".

Dass sich die Philosophie mit dieser Saga beschäftigt, liegt fast auf der Hand. Lucas' Mentor war der New Yorker, mit indischer Philosophie in Berührung gekommene Literaturprofessor Joseph Campbell, der als Fachmann für vergleichende Märchen- und Mythenkunde zu einer Art Guru in Hollywood avancierte. Sein Hauptwerk "Der Heros in tausend Gestalten" gilt als Standardlektüre für Filmwissenschaftler. Seit 1975 beschäftigte sich Lucas damit.

"Achilles, Ödipus, Odysseus, Artus - und dann kam Luke", schreibt Chefredakteurin Catherine Newmark über die heldentypische Karriere vom Jüngling, der auf die Reise gehe, heroische Taten vollbringe, Prüfungen bestehe, Ängste überwinde und am Ende die übermächtige Vaterfigur besiege, "Darth Vader", den dunklen Vater. "Star Wars" sei ein Stück klassischer Mythologie, die "grundlegende psychologische und philosophische Fragen verhandelt".

Wie halten wir es mit der Macht, mit der eigenen Endlichkeit, was ist gut, was böse, was ist durch höhere Mächte vorbestimmt, wo bleibt die Individualität? George Lucas hat diese brennenden Fragen in seiner 1977 mit "Episode IV - Eine neue Hoffnung" gestarteten Saga behandelt, verpackt in ein opulentes Techno-Szenario und einem fantastischen Ballett bizarrer Aliens. Alles nur Fantasie?

Die Autoren des Philosophie-Sonderheftes gehen jedem Phänomen nach, verankern es in unserer Gegenwart. Der "Used-Look" der verbeulten und angerosteten Raumgleiter etwa - ein Novum im Science-Fiction-Genre - hat seine Parallelen in der Mode unserer Zeit.

Als Trojanischen Krieg, der in der Zukunft oder in einer sehr entfernten Vergangenheit spiele, interpretiert der ägyptische Psychologe und Ethnologe Tobie Nathan George Lucas' Epos. "Im Pantheon der Mythenstifter wird George Lucas einmal einen Platz neben Homer finden". Die Lichtschwerter erinnern an Artus' Zauberschwert Excalibur, die Jedi-Ritter an die Kollegen von der Tafelrunde, Luke Skywalker steigt wie Orpheus in die Unterwelt. Aber auch moderne Mythen finden ihren Niederschlag: das Auto zum Beispiel. "Es gehört zum Genie von George Lucas, den mythischen Kern des Automobils in den für 'Star Wars' entworfenen Kampffahrzeugen freigelegt zu haben", lobt Nathan.

Darth Vader, der finstere, gefallene Jedi-Ritter und Inkarnation der dunklen Seite der Macht, hat viele Entsprechungen in der Mythologie - aber auch in der jüngeren Vergangenheit. So bezeichnet Wolfgang Ellenberger den in den 30er Jahren dem Nationalsozialismus verfallenen Denker Marin Heidegger als "Darth Vader der modernen Philosophie". "Wie im Falle Anakins - dem späteren Darth Vader - war es die Angst vor der Endlichkeit, die Heidegger auf die dunkle Seite der Macht zog."

Philosophie-Magazin, Sonderausgabe "Star Wars", 9,90 Euro

"Star Wars VII" bricht Vorverkaufsrekord in den USA

Schon einen Monat vor dem Kinostart verbucht "Star Wars: Das Erwachen der Macht" Millioneneinnahmen. Der siebte Teil der Star-Wars-Saga, der Mitte Dezember in die Kinos kommt, soll in den USA einen Vorverkaufsrekord aufgestellt haben, wie das "Wall Street Journal" berichtet. Demnach spielte die Sternensaga bereits über 50 Millionen Dollar (knapp 47 Millionen Euro) ein. Der bisherige Rekord lag bei 25 Millionen Dollar vor dem Kinostart des Batman-Films "The Dark Knight Rises" 2012. Der Vorverkauf war Mitte Oktober in den USA angelaufen. Die Filmemacher um Regisseur J.J. Abrams schüren die Spannung auf die Science-Fiction-Fortsetzung seit Monaten mit Trailern und Werbung.

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