Royal Winnipeg Ballett Die traurige Geschichte von Nathalie und Matthieu

"La vie en rose" - so erscheint die Zukunft für das frisch verliebte Paar Nathalie und Matthieu. Nach Paris, Stadt der Lichter und der Liebe, entführt das Royal Winnipeg Ballet, Kanadas älteste Ballettcompagnie.

Mit ihrer erfolgreichen Produktion "Moulin Rouge" war die fabelhafte Truppe jetzt an zwei Abenden im ausverkauften Bonner Opernhaus zum ersten Mal zu erleben. Sie tanzen klassisch auf der Spitze, pirouettenselig mit dem traditionellen Bewegungsrepertoire des 19. Jahrhunderts. Technisch perfekt und ungeheuer präzise auch in den großen Ensemble-Szenen, in denen das Corps de ballet seine herausragende Qualität beweist.

In der schwungvollen Choreografie von Jorden Morris wirkt das dennoch gänzlich unverstaubt. In seine elegante Musikcollage mischen sich unverschämt Operetten-Hits und heiße Tango-Rhythmen. Natürlich darf Offenbachs rasanter Cancan nicht fehlen. Ebenso wenig wie dessen Königin La Goulue, rothaariger Star des Moulin Rouge und verewigt auf berühmten Plakaten von Toulouse-Lautrec. Der Maler taucht höchstpersönlich auf in dem hinreißenden, knapp zweieinhalbstündigen Handlungsballett, das furchtlos eine sentimentale Geschichte präsentiert.

Der Tanz ist Thema der charmanten Revue aus dem Bohème-Milieu der Belle Époque. Im Hintergrund leuchtet der 1889 eröffnete Eiffelturm, am Montmartre drehen sich die Windmühlenflügel des im selben Jahr eingeweihten Varietés. Die Show-Girls in ihren bunten Kostümen sind eine Augenweide, ganz Paris träumt von der Liebe, und unter den Brücken herrscht Clochard-Romantik pur.

Nathalie und Matthieu tanzen einen fast überirdisch schönen Pas de deux im romantischen Mondlicht am Seineufer. Der wütende Varité-Chef Zidler trennt das glückliche Paar und holt seine Favoritin brutal zurück in sein Vergnügungs-Imperium.

Der untröstlichen Matthieu ergibt sich mit Hilfe von Toulouse-Lautrec den giftgrünen Feen. Absinth bis zum Umfallen und dem letzten Versuch, im Kellnerkostüm die Geliebte Zidlers dämonischen Fängen zu entreißen. Dessen silberne Pistolen-Kugel trifft jedoch nicht den verknallten Widersacher, sondern die Brust von Nathalie, die sich tapfer selbst in die Schusslinie stellt.

Blutiger "Last Cancan" in Paris, sterbensselig hart an der Kitschgrenze. Aber so traumhaft berührend und wunderbar getanzt, wie man sich eine moderne Reanimation der Gattung "Handlungsballett" wünschen darf. Begeisterter Applaus!

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