Teresa Präauers Roman "Johnny und Jean" Die federleichten Eitelkeiten des Kunstbetriebs

Bonn · Zwei Jungs beginnen gleichzeitig ein Kunststudium in Graz. Sie kennen sich nicht, können sich nicht kennen, sind einander auch zu sehr Gegenentwurf. Grell selbstdarstellerischer Draufgänger aus zerrütteter Familie der eine: Er nennt sich "Jean", weil das so schön französisch klingt.

 Teresa Präauer beim 39. Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt.

Teresa Präauer beim 39. Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt.

Foto: dpa

Grüblerisch schüchtern der andere: "Johnny" malt Bilder voll schöner, aber stiller Fische, wie er selbst einer ist. Irgendwann kommen die beiden sich dann doch näher, treffen sich zum Pastis in der Kneipe, tauschen sich aus über Ärger mit Frauen und Galeristen (manchmal ist beides auch dasselbe) - und die Antagonisten werden Freunde.

Teresa Präauer, im Zeichen der Fische geboren, hat selbst Malerei studiert; das spricht aus jeder Zeile in diesem anrührenden Werk, mit dem die Autorin für den Belletristikpreis der Leipziger Buchmesse nominiert war. Enthusiastisch gefeiert wurde sie gerade beim Bachmann-Preis in Klagenfurt für ihren Affenliebe-, Affentheater- und Affenkomödientext "Oh Schimmi".

Dass auch sie das längst nicht mehr originelle Präsens historicum der Gegenwartsliteratur pflegt, ohne das kein Buch auskommen zu dürfen scheint, ist nur ein geringer Schönheitsfehler anlesens der zauberhaft-federleichten Gestalt, die sie ihrem zweiten Roman verliehen hat. Sie verschmilzt das Coming of Age mit dem Coming of Art. Intensive Studien zweier extrem verschiedener Charaktere begegnen einer unangestrengten Kritik aller bösen Eitelkeiten des Kunstbetriebs, seelische Selbstzweifel des Künstlers treffen ebenso unangestrengte Anspielung auf seine Vorbilder und ihre Werke - etwa, wenn Johnny innere Gespräche mit Salvador Dalí oder Marcel Duchamp über schwierige Kunstfragen führt oder Jean ihm den Rat gibt: "Wenn nichts mehr hilft, hilft Cranach."

Leider gilt das nicht für alle Verluste im Leben. Gerade, als Johnny aus Jeans Schatten zu treten beginnt (der hat seine wer-weiß-wievielte Ausstellung, erstmals in New York, Johnny dafür seine allererste - "nur" in Wien, aber tatsächlich ein ganz klein bisschen größer), verschwindet Jean spurlos. "Jean ist mein bester Freund gewesen", erinnert sich Johnny. "Die Zeit ist aber, auch wenn man darüber nicht philosophisch geworden ist, vergangen. Und Jean ist nicht mehr wiedergekommen." Fragt sich am Ende, ob es ihn überhaupt jemals gab.

Bitteres Fazit einer bunten Geschichte: Den eigenen Weg zu gehen heißt, selbst von den besten Freunden getrennt zu werden. Präauer zeigt das als kunstvolles Gemälde mit vielen verborgenen Schichten - ein lesenswertes "Bild von einem Buch", sozusagen.

Teresa Präauer: Johnny und Jean. Wallstein, 208 S., 19,90 Euro

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