Arte-Doku "Mondscheinsonate" im Rex-Kino Die Volkspianistin

Zu Beginn des Films sieht man, wie deutsche Bomber im November 1940 ihre tödliche Fracht nach England transportieren und Leiden und Tod über die Stadt Coventry bringen. "Operation Mondscheinsonate" nannten die Deutschen den Luftangriff.

 Musiker auf Tour: (von links) Carl Flesch, Walter Gieseking, Elly Ney und ihr Ehemann Willem van Hoogstraten an Bord der SS Rotterdam.

Musiker auf Tour: (von links) Carl Flesch, Walter Gieseking, Elly Ney und ihr Ehemann Willem van Hoogstraten an Bord der SS Rotterdam.

Foto: WDR/Arte

Ein zunächst befremdlich anmutender Beginn für eine Dokumentation über Elly Ney, die eine der bedeutendsten Pianistinnen des 20. Jahrhunderts gewesen ist.

Dass der Dokumentarfilmer Axel Fuhrmann sein Filmporträt ebenfalls "Mondscheinsonate" betitelt hat, ist vor dem Hintergrund der Kriegsbilder ein klares Statement: Hier wird Elly Neys Wirken im Dritten Reich nicht vertuscht, sondern die Sympathie der "Hohepriesterin Beethovens" für die nationalsozialistische Idee und für Adolf Hitler zum zentralen Thema des Films gemacht. Tatsächlich lässt sich Elly Ney, die nicht nur in Deutschland als größte Beethoven-Interpretin ihrer Zeit verehrt wurde, nicht ohne die von ihr regelrecht aufgesogene Nazi-Ideologie verstehen. Weder menschlich noch künstlerisch und musikalisch.

Elly Ney hatte eine feste Überzeugung, die sie so formulierte: "Unsere deutsche Musik entstammt unserer Art und kann auch nur von Menschen unserer Art, vom deutschen Volk, erfasst werden." Die 1882 in Düsseldorf geborene Pianistin, die Jahre ihrer Jugend in der Beethovenstadt Bonn verbrachte und in Wien studierte, warb bei Hitler darum, Bonn zu einem Ort der Beethoven-Verehrung zu machen, wie es Bayreuth für Richard Wagner war. Doch die von ihr initiierten und geleiteten "Volkstümlichen Beethovenfeste", die 1944 zum letzten Mal gegeben wurden, konnten sich neben den Festspielen in Bayreuth nie behaupten. Elly Ney aber hätte für Bonn gern die Rolle übernommen, die Winifred Wagner erfolgreich in Bayreuth spielte.

Axel Fuhrmann gelingt in seinem 53-minütigen Film, der am morgigen Sonntag, 11 Uhr, im Rex-Kino gezeigt und eine Woche später, am 3. Mai um 23.05 Uhr, auf dem Kulturkanal Arte ausgestrahlt wird, ein facettenreiches Psychogramm der Musikerin. Originale Film-, Foto- und natürlich Ton-Dokumente sind dabei ebenso aussagekräftig wie die Kommentare von Historikern, Musikwissenschaftlern und Zeitzeugen. Etliche von ihnen kommen aus Bonn, darunter der frühere Leiter der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes, Barthold C. Witte, die Journalistin Fides Krause-Brewer, der Beethovenfest-Chronist und frühere Stadt-Archivar Manfred van Rey oder die Beethoven-Haus-Mitarbeiterin Beate Angelika Kraus. Die Musik kommt dabei nicht zu kurz. Die Pianistin Ragna Schirmer skizziert am Flügel in prägnanten Beispielen das Besondere der Kunst Elly Neys, wie sie jeden Ton auskostet, pathosgeladene Pausen setzt.

Aber das Porträt lehrt auch, dass Beethoven und seine Musik heute komplett anders wahrgenommen werden als einst durch das Medium Elly Ney. Die Vorstellung, dass seine Musik nur einem auserwählten Kreis bestimmt sei, hat sich glücklicherweise ins Gegenteil gewendet.

Sonntag, 11 Uhr, im Rex-Kino.

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