Ausstellung im Haus der Geschichte Die Kanzlerin als Lichtgestalt

Bonn · Das Haus der Geschichte zeigt die besten Pressefotos und politischen Karikaturen des Wettbewerbs "Rückblende".

 Plausch im sanften Licht: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel vor Beginn der Kabinettsklausur in Meseberg, fotografiert von Simone M. Neumann.

Plausch im sanften Licht: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel vor Beginn der Kabinettsklausur in Meseberg, fotografiert von Simone M. Neumann.

Foto: Simone M. Neumann (Rückblende)

Man ist fast geneigt, Bundeskanzlerin Angela Merkel als Lichtgestalt zu sehen. Zumindest erscheint sie in Stefan Boness' Pressefoto so, der Merkel in der gewissermaßen aus sich selbst heraus violett strahlenden Jacke zeigt, wie sie im Oktober 2014 im Kreis ihrer Mitarbeiter auf die polnische Ministerpräsidentin wartet. Konzentrierter Blick, klare Geste, um sie herum schemenhafte Bewegung, unwirkliche Reflexe. Die Kanzlerin als Fels in der Brandung. Ein Meisterwerk der fotojournalistischen Bildsprache und zu Recht Platz eins des Wettbewerbs "Rückblende 2014".

Erneut macht der renommierte, von der Landesvertretung Rheinland-Pfalz und dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger zusammen mit der Bundespressekonferenz und dem Bildportal Fotofinder ausgeschriebene Wettbewerb für Pressefotografie und Karikatur im Haus der Geschichte Station. Ab heute sind im ehemaligen Pavillon des Bundespresseamts gegenüber dem Haus der Geschichte Arbeiten des Wettbewerbs zu sehen, an dem 235 Fotografen und 60 Karikaturisten teilgenommen haben. Wie immer bietet die "Rückblende" eine pointierte Rückschau auf das politische Jahr. Diesmal das Jahr 2014.

Im Fokus: Die Kanzlerin. Wir sehen sie im festlichen Licht wie auf einem Gemälde mit Sigmar Gabriel in Meseburg und vollkommen aus dem Häuschen beim Endspiel der Fußballweltmeisterschaft. Sie blickt eher skeptisch auf zwei halbnackte Maoris mit Speer und weist auf einem anderen Foto Frankreichs Premier Manuel Valls beim Empfang den Weg zum Podium. Merkel macht mit beim Selfie-Wahn mit Gymnasiastinnen aus Groß-Gerau und schaut beim Händedruck Wladimir Putin tief in die Augen. Besser: Sie hat ihn durchschaut. Er reagiert mit Pokerface.

Die zweite Frau des Jahres, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, erscheint auch ins beste Licht gerückt. Axel Heimken fotografierte sie Mitte August 2014 vor einer Bundeswehr-Transall auf dem Nato-Flughafen Hohn. Der Himmel ist bedrohlich bewölkt, unwirkliches Licht fällt auf das Gesicht der Ministerin, die entschlossen in die Ferne blickt. Ein verdienter dritter Preis. Platz zwei ging an ein Foto von Sebastian Bolesch, das ebenfalls von einer raffinierten Lichtregie geprägt ist. Nur zwei Fenster sind in der Ausländerbehörde in Eisenhüttenstadt erleuchtet. Ein Mann mit gesenktem Kopf steht da. Wohl auf die Abschiebung wartend, darf man spekulieren. Ein Bild voller Rätsel, Spannung und Melancholie.

Es lohnt sich unbedingt, auch die Bilder der "Rückblende" zu betrachten, die nicht prämiert wurden, aber es ebenfalls verdient hätten: Christian Lindner als Auto-Frickler, Hannelore Kraft beim Staubsaugen, Bahn-Gewerkschafter und Hassfigur vieler Pendler Claus Weselsky auf Schurrbart und Strichmund reduziert.

Hier sind wir fast schon beim Thema Karikatur, die 2014 wieder einmal ein sehr starkes Jahr hatte. Klaus Stuttmanns mit dem ersten Preis ausgezeichnete Zeichnung, die einen angeheiterten Gerhard Schröder zeigt, der Putin quasi für den Friedensnobelpreis vorschlägt, ist großartig. Außer dem GA-Karikaturisten Stuttmann sind auch seine oft im GA vertretenen Kollegen Burkhard Mohr und Heiko Sakurai mit bissigen Beiträgen im Wettbewerb vertreten.

Martin Erls Billard-Karikatur bekam den zweiten Platz: Kugel "A" stößt gegen "F", "D" und "P". "P" fliegt weg, es bleibt "AFD". Thomas Plassmanns wunderbar makabres Blatt mit einem Herren in der U-Bahn kam auf Rang drei: Der Passagier blickt auf zwei Zeitungen zur Rechten und zur Linken, die eine mit der Schlagzeile "Rentenreform kostet Milliarden", die andere mit "Deutsche für Sterbehilfe". Bitterböse.

Es geht aber auch launig und politisch unkorrekt wie in Sakurais Karikatur: Merkel geht erst gebückt im Kreis und singt: "So gehen Merz, Koch, Stoiber, Rüttgers - die gehen so..." Dann mit erhobenen Ärmchen triumphierend: "So geht die Angie, die Angie, die...". Die Kanzlerin ist nicht nur eine Lichtgestalt, sie hat auch das Sieger-Gen - wie unsere Nationalmannschaft.

Ehemaliger Pavillon des Bundespresseamts, Willy-Brandt-Allee, bis 22. November. Di-Fr 9-19, Sa, So 10-18 Uhr.

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