Frauenmuseum Bonn Die Front vor der Haustür

August 1914: Eigentlich ist Käthe Kollwitz, 47, eine bekennende Sozialistin und Pazifistin. Doch mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges lässt selbst sie sich von der patriotischen Aufbruchsstimmung ihres Sohnes anstecken.

 Sandra Ney: "Die Löwin von Kobane".

Sandra Ney: "Die Löwin von Kobane".

Foto: Franz Fischer

Weihnachten sei er wieder daheim, verspricht Peter seiner Mutter. Ganze zwei Tage ist der 18-Jährige in Flandern an der Front, als er am 22. Oktober fällt; als erster seines Regiments. Käthe Kollwitz hat ihr Trauma in der Plastik der "Pietà" verarbeitet, die heute in einer vergrößerten Version in der "Zentralen Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft" in Berlin steht. Und ohne sie wäre auch die Ausstellung "Frauen in Krieg und Frieden. 15 - 45 - 15", die am Sonntag, 19. April, 12 Uhr, im Frauenmuseum eröffnet wird, nicht ganz komplett.

Ist sie aber, und noch weit mehr als das: 55 Künstlerinnen widmen sich dort auf zwei Etagen dem Thema in Film, Rauminszenierungen, Fotografie, Malerei und Skulptur. Sie erinnern in ihren Arbeiten an die Schicksale ihre Großeltern oder weisen über den historischen Kontext der Jahre 1914 bis 1918 hinaus, bis in die Gegenwart - so wie Sandra Ney mit ihrer "Löwin von Kobane".

Zu den Exponaten zählt auch Kollwitz' "Selbstbildnis" aus dem Jahr 1915; das Bild einer traumatisierten Frau - so, als stünde sie nach dem Tod ihres Sohnes noch immer unter Schock, quäle sich mit Selbstvorwürfen, weil sie ihren Mann überredet hatte, den noch 17-Jährigen in den Krieg ziehen zu lassen.

Wusste sie es denn nicht besser? Im Gegensatz zu den Organisatorinnen der "Internationalen Friedenskonferenz sozialistischer Frauen von Bern" und den rund 1100 Teilnehmerinnen des "Internationalen Frauenfriedenskongress bürgerlicher Frauenrechtlerinnen in Den Haag", die im April 1915 aus 13 Staaten dort zusammenkamen und zum Teile polizeiliche Schikanen in Kauf nahmen, um gemeinsam über Wege zum Frieden zu diskutieren und Resolutionen zu verfassen.

Ein Engagement, das in bisherigen Ausstellungen zum Thema "100 Jahre Erster Weltkrieg" kaum eine Rolle gespielt habe und das die beiden Kuratorinnen Bettina Bab (Historie) und Marianne Pitzen (Kunst) nun zum Anlass für diese Ausstellung genommen haben.

Eine ambitionierte Schau, die in Vielfalt und Objektivität beeindruckt. Weil Frauen im Krieg nicht per se die besseren Menschen waren; aber oft diejenigen, die die Hauptlast zu tragen hatten. Dabei beschränkte sich die weibliche Rolle keinesfalls auf die der Kassandra, der trauenden Mutter oder unermüdlichen Agitatorin vom Zuschnitt einer Rosa Luxemburg.

Deren bürgerliche Zeitgenossinnen, die sich in der Kriegsfürsorge engagierten und scharenweise als Lazarettschwestern meldeten, haben den Krieg als solches (noch) nicht in Frage gestellt. Wenn sie auch versuchten, das Leid der Opfer zu lindern und sich dabei in naiver Selbstüberschätzung schweren Schaden zufügten.

Andere hatten erst gar nicht die Wahl, mussten in Munitionsfabriken schuften - unter menschenunwürdigen Bedingungen und in beständiger Gefahr für Leib und Leben. Wohingegen der Sold der Etappenhelferinnen hinter der Front den der einfachen Soldaten meist um ein Vielfaches überstieg.

Frauen mit der Waffe in der Hand waren die Ausnahme. Aber es gab sie: im Zarenreich und in den USA; organisiert in paramilitärischen Verbänden, falls dieser Krieg sie dort jemals heimsuchen sollte. Soweit ist es nicht gekommen - aber die Befürchtungen zahlreicher Aktivistinnen im Jahr 1918 sollten sich bewahrheiten. Der Frieden war im Grunde keiner und währte nur kurz.

Frauen in Krieg und Frieden. 15 - 45 - 15. Geschichte, Dokumente und zeitgenössische Kunst;, bis 1. November, Öffnungszeiten: Di - Sa von 14 bis 18 Uhr, So von 11 bis 18 Uhr; www.frauenmuseum.de

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