"Der kleine Horrorladen" in der Bonner Oper Die Blume des Bösen

Bonn · Am Anfang ist sie noch ein ganz zartes Pflänzchen, doch um zu gedeihen, benötigt sie eine etwas andere Pflege als die übrigen Gewächse in Mr. Mushniks Blumenladen. Statt nach Wasser dürstet es sie nach menschlichem Blut. Für die Aufzucht fühlt sich Mushniks Gehilfe Seymour Krelbourne (Matthias Schlung) verantwortlich, der sich zunächst selbst zur Ader lässt. Das, freilich, reicht schon sehr bald nicht mehr aus.

 Seltsame Dinge geschehen im Blumenladen: Audrey (Bettina Mönch) und die nach ihr benannte Pflanze Audrey II.

Seltsame Dinge geschehen im Blumenladen: Audrey (Bettina Mönch) und die nach ihr benannte Pflanze Audrey II.

Foto: Thilo Beu

In dem amerikanischen Kultmusical "Der kleine Horrorladen", das auf einem ebenso billig wie schnell produzierten B-Movie von Hollywoods Horrorspezialisten Roger Corman aus dem Jahr 1960 basiert (mit dem blutjungen Jack Nicholson in einer kleinen, sehr sehenswerten Rolle), ist der Humor tief schwarz eingefärbt. In der Bonner Oper, wo "Der Kleine Horrorladen" am Sonntagabend die Saison eröffnete, wird das lustvoll ausgespielt. Der junge Regisseur Erik Petersen erzählt die Geschichte, die sich um die mysteriöse fleischfressende Pflanze rankt, mit Witz und vielen tollen Ideen. Schon wenn beim Auftritt der drei Soulgirls die Kleider plötzlich wie glitzernde Lampenschirme zu leuchten beginnen, jubelt das Publikum.

Für die Kostüme ist Dirk Hofacker zuständig, der auch die Drehbühnen-Konstruktion entworfen hat, die geradezu filmisch anmutende Szenenwechsel ermöglicht: Blumenladen, Radiostudio und Zahnarztpraxis sind so blitzschnell zu erreichen, während die Häuserfassaden am Bühnenrand Einblick in das Elend des verarmten Großstadtviertels geben.

Die Zahnarztpraxis ist sozusagen der Hobbyraum des sadistischen Dr. Orin Scrivello, den Comedy-Star Hans-Werner Olm als polternden Altrocker-Widerling grandios verkörpert. Orin ist zugleich wenig zimperlicher Liebhaber der sehr blonden und sehr langbeinigen Audrey (Bettina Mönch), die ebenfalls bei Mushnik (Michael Schanze) aushilft und zu Beginn der Handlung gleich ein Veilchen als Erinnerung an die vergangene Liebesnacht mit zur Arbeit bringt. Klar, dass eigentlich sie und Seymour füreinander bestimmt sind. Und er sieht seine Chancen mit seinem Ruhm wachsen, der wiederum reziprok zur Pflanze wächst. Das erkennt auch das nicht nur hungrige, sondern auch sprachbegabte Wesen, das von Seymour liebevoll Audrey II getauft wurde. Dass Audrey II in Wahrheit die Vorhut einer Invasion aus dem All ist, verrät die Regie, indem sie deren "Stimme" (großartig: Dennis LeGree) in ein futuristisches Glitzerkostüm steckt und ihr an die Seite stellt. Etwa, wenn Audrey II Seymour überredet, den verhassten Zahnarzt als Mahlzeit herzuschaffen.

[kein Linktext vorhanden]Dass man es trotz der für das Genre unüblichen hohen Zahl an Sterbefällen mehr mit bester Unterhaltung als mit echtem Horror zu tun hat, liegt an Howard Menkens mitreißenden Gesangsnummern, den witzigen, von Michael Kunze ins Deutsche übertragenen Texten Howard Ashmans und an den großartigen Darstellern. Die beiden Hauptfiguren Seymour und Audrey sind stimmlich bei Matthias Schlung und Bettina Mönch bestens aufgehoben. Und auch das komödiantische Timing der beiden ist perfekt. Der mittlerweile etwas rundliche TV-Moderator und Schlagerstar Michael Schanze verleiht dem eigentlich ziemlich rücksichtslosen Mushnik einen dennoch liebenswerten Charme. Jeremias Koschorz füllt als darstellerisches Faktotum gleich acht Nebenrollen mit Leben, Yoko El Edrisi bringt es auf immerhin fünf Kleinstrollen, Freude bereiten auch die Soulgirls, die von Beatrice Reece, Amanda Whitford und Sampaguita Ingeborg Mönck so hinreißend verkörpert werden, als stünden die Weather Girls auf der Bühne. Die Jugendchoristen wurden von Ekatarina Klewitz bestens auf ihre Aufgabe vorbereitet.

Im Hintergrund sorgt die Band unter Leitung von Jürgen Grimm dafür, dass auch die Musik prachtvoll in Szene gesetzt wird. Dem Premierenpublikum machte der zweieinhalbstündige Musicalabend einen Riesenspaß, was sich am langanhaltenden und begeisterten Applaus messen ließ.

Aufführungen: 3., 20., 26. September, 16. und 31. Oktober, 14. November, 16. und 31. Dezember. Weitere Termine 2016 . Karten in den Bonnticket-Shops der GA-Zweigstellen.

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