Beethovenfest in Bonn Die Besten aus England begeistern im Eröffnungskonzert

BONN · Er trage die gleichen Kleider, wie sie der Bürgermeister von London zu vergleichbaren Gelegenheiten auswählen würde, wandte sich Bonns Oberbürgermeister am Samstagabend am Ende seiner Eröffnungsrede zum Beethovenfest in der Sprache der Gäste an die Musiker des London Symphony Orchestra (LSO).

Und zeigte seine Kombination aus schwarzem Frack und dunkelgrauer Hose vor. Die Musiker aus der britischen Hauptstadt reagierten mit einem freundlichen Schmunzeln. Solche Gesten vertiefen die Freundschaft.

Das LSO zählt zu den besten Orchestern weltweit, wurde vor sechs Jahren bei einer internationalen Kritikerumfrage des Fachblattes "Gramophone" nach den großen philharmonischen Ensembles aus Amsterdam, Berlin und Wien auf Rang vier gewählt. Anders jedoch als die Kollegen aus dieser illustren Spitzengruppe kommen die Briten nicht nur gerne, sondern auch häufig in die Beethovenstadt zum Fest.

Diesmal allerdings nicht mit einem Beethoven-Programm. Sir John Eliot Gardiner, langjähriger Gastdirigent des LSO, erarbeitet derzeit mit den Musikern einen Schwerpunkt mit Werken von Felix Mendelssohn Bartholdy, dessen Konzertouvertüre nach Goethes "Meeresstille und glückliche Fahrt" und Sinfonie Nr. 5 in d-Moll, die Reformations-Sinfonie, am Eröffnungsabend des Festivals Robert Schumanns Cellokonzert umrahmten.

Der warme Streicherklang des ruhigen Adagios aus der Konzertouvertüre nahm ebenso für sich ein wie das markant gespielte Molto Allegro e vivace, mit dem Goethes Schiff dann richtig Fahrt aufnimmt. Und der Einsatz der Pauke im finalen Abschnitt feuerte die Dramatik des Geschehens noch einmal wirkungsvoll an.

[kein Linktext vorhanden]Für den Solopart in Robert Schumanns Konzert hatte Gardiner den französischen Cellisten Gautier Capuçon eingeladen. Mit dem 1850 in nur 14 Tagen komponierten Werk hatte Schumann es nicht leicht, Verleger und Interpreten zu begeistern. Zu wenig melodiös befand es etwa der Cellist und Widmungsträger Emil Bockemühl.

Eröffnung des Beethovenfest in Bonn
53 Bilder

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Solche Einwände sind Capuçon fremd, er spielte das Stück mit Hingabe und Leidenschaft, in schönster Harmonie mit dem von Gardiner sehr subtil geführten Orchester. Vor allem die klangliche Einbindung des von Capuçon mit herrlichem Ton gespielten Solocellos im langsamen Satz gelang vorbildlich. Nach dem virtuos ausgeführten Finale bedankte sich der Cellist beim begeisterten Publikum für den Applaus mit Pablo Casals' "Gesang der Vögel".

Das auffälligste Merkmal bei Gardiners Interpretation der Reformations-Sinfonie war zunächst ein optisches: Die hohen Streicher spielten stehend. Gardiner, ein Pionier der historischen Aufführungspraxis, war bei seinen Recherchen zum Mendelssohn-Projekt auf eine historische Darstellung gestoßen, die ein zeitgenössisches Orchester in dieser Aufstellung spielend zeigt. Nun weiß man nicht, wie die Sinfonie am Samstag mit sitzenden Streichern geklungen hätte, im Stehen aber war es überwältigend.

Die Interpretation packte von Beginn an, die Gegenüberstellung etwa der Blechbläser-Einwürfe und des vor allem aus Wagners sehr viel späterem Parsifal bekannten Dresdner Amens ging unter die Haut, und die an diesem Abend phänomenal aufspielenden Holzbläser hatten ihre ganz großen Momente am Beginn des den Luther-Choral "Eine feste Burg ist unser Gott" ausgiebig zitierenden letzten Satzes, den John Eliot Gardiner und das Orchester ungemein diesseitig und lebensfroh ins Werk setzten.

Zum Schluss als Zugabe nach hymnischen Beifallsbekundungen in der ausverkauften Beethovenhalle ein federleichtes Scherzo aus Mendelssohn Bartholdys Sommernachtstraummusik.

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