Im ausverkauften Opernhaus "Danza Contemporánea de Cuba" begeistert die Zuschauer

BONN · Sie sind jung und ungemein dynamisch. Ihr Tanz ist energiegeladen, kraftvoll und emotional mitreißend, ohne die üblichen Karibik-Klischees zu bedienen.

 Rasante Performance: Szene aus Rafael Bonachelas Choreografie "Demo-n/Crazy".

Rasante Performance: Szene aus Rafael Bonachelas Choreografie "Demo-n/Crazy".

Foto: Thilo Beu

Am Mittwoch machte die im Revolutionsjahr 1959 gegründete führende zeitgenössische Tanzcompany Kubas auf ihrer Europa-Tournee Station im restlos ausverkauften Bonner Opernhaus.

Die 22 exzellent ausgebildeten Tänzerinnen und Tänzer von "Danza Contemporánea de Cuba" mischen modernen Tanz mit afro-karibischen Elementen, hispanischem Temperament und gelegentlich einem Schuss Akrobatik.

Um die Frage nach der kulturellen, nationalen und persönlichen Identität kreisen alle drei Stücke ihres Programms. Im Zentrum steht "Demo-n/Crazy" von dem spanischen Star-Choreographen Rafael Bonachela. Melancholie und Leidenschaft prallen hier mit voller Wucht aufeinander.

In unterschiedlichen Paarkonstellationen deklinieren sie das tänzerische Vokabular von erotischer Anziehung und Abstoßung durch. Der Dämon Sexualität lässt sie taumeln zwischen Zärtlichkeit und Aggression. Unter die Haut geht z. B. ein männlich pathetischer Pas-de-deux zu Jacques Brels Chanson "Ne me quitte pas".

Zusammen ergeben die vielen expressiven Szenen ein spannungsreiches Lebensdrama. "Demokratie" steckt im titelgebenden Wortspiel ebenso wie "crazy". Das "verrückt" nehmen sie tatsächlich beim Wort. Die rasante Performance endet mit einem kollektiven Kopfstand.

Eingerahmt wird dieses Stück von zwei Werken des Haus-Choreographen George Céspedes, der etliche Jahre als Tänzer zu der Company gehörte. "Identidad -1", uraufgeführt 2013, umkreist die Gruppenrituale einer sozialen Gemeinschaft.

Rote Kragen an den Kostümen der Männer signalisieren Zugehörigkeit zu einem Kollektiv. Eine Frau wird wie ein Revolutions-Denkmal empor gehoben. In den Stolz auf Traditionen mischt sich indes auch Wut. Jeder kämpft um seine Wahrnehmung als Individuum.

Selbstbestimmung ist das Grundmotiv von "Mambo 3 XXI". Der Mambo ist ein genuin kubanischer Musik- und Tanzstil, der in den 1930er Jahren aus den vielen ethnischen Wurzeln des Inselstaates entspross.

Im Mambo des 21. Jahrhunderts tanzen alle nach und nach aus der Reihe. Sie brechen aus den fast militärisch uniformierten Bewegungen aus, sind in ihren bunten Hemden und T-Shirts eigenwillige Persönlichkeiten, die die Vergangenheit hinter sich gelassen haben und lebensfroh nach vorne schauen.

Ihre technische Perfektion, die insbesondere in den Ensemble-Szenen zur Geltung kommt, verbinden sie mit hoher Gefühls-Intensität. Der zwischendurch schon aufgebrandete Szenenapplaus für die liebenswürdige Truppe aus Havanna steigerte sich nach knapp zweieinhalb Stunden (inkl. zwei Pausen) zu Ovationen.

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